Nach zweieinhalb Wochen Skippertraining und anschließenden einigen, noch nicht so erfolgreichen, Bootsbesichtigungen in Neusseland geht es jetzt für drei Tage nach Fiji. Hier stehen drei Boote zum Verkauf, die interessant sein könnten. Die Suche ist insofern schwierig, als die Mittel natürlich Grenzen haben, andererseits das Boot aber hochseetauglich und für Langzeitsegeln geeignet sein soll.
Hermann begleitet mich, denn vier Augen sehen mehr als zwei. Und Hermann hat nun ja auch deutlich mehr Erfahrung, als ich, von der ich gerne profitiere.
Als wir in der Vuda Point Marina am Dienstag Nachmittag ankommen, erfahren wir als erstes, dass eines der drei Boote, eine Peterson 44, gerade verkauft ist. Es ist gerade das Boot, für das ich mich am meisten interessiert habe, nachdem wir die Vor- und Nachteile in den beiden letzten Tagen in Whangarei ausführlich recherchiert und diskutiert hatten. Ein baugleiches Boot liegt in Whangarei am Nachbarsteg und ich konnte es mir schon außen ansehen. Das es jetzt bereits vergeben ist, ist schon etwas frustrierend.
Doch wir werden uns dann Morgen eben die beiden anderen Boote ansehen. Bei beiden handelt es sich jeweils um eine Stahl-Ketch.
Der Empfang in Vuda ist sehr herzlich. Die Mitarbeiter/innen begrüßen und umarmen uns, als wären wir Freunde, die nach langer Zeit wieder auf Besuch kommen. Wir wohnen direkt hier in der Marina in einem der vier Cottages. Das hat den Vorteil, dass wir direkt hier vor Ort sind und keine langen Wege, womöglich mit einem Taxi, während unseres Aufenthaltes zurücklegen müssen. Sehr bequem.
Jetzt genießen wir es erst einmal, wieder in Fiji zu sein, in dem luftigen Restaurant im Südseestil direkt über dem Wasser zu sitzen. Der abendliche Himmel leuchtet in einem farbenprächtigem Sonnenuntergang. Am Horizont gehen die ersten nächtlichen Lichter auf der Inseln der Yasawas und auch auf Malolo an.
Am Mittwoch schauen wir uns dann sogar insgesamt fünf Boote an. Mein urspüngler Favorit, die Ansjö Ketch ist innen in der Bilge völlig verrostet. Das Ruder ist abmontiert und liegt mit einem ziemlichem Rostansatz unter dem Boot. Der Motor steht, obwohl das Boot an Land ist, im Wasser. Das ist der wesentliche Eindruck, den wir haben, ohne auf die Technik und den sonstigen Zustand zu schauen. Das kommt also gar nicht in Frage.
Auch den neuen Eigentümer der Samore, die Peterson, treffen wir und dürfen wenigstens noch einmal einen Blick in das Boot werfen. Der neue Eigentümer, Joe, lädt uns auf einen Drink ein. Er erzählt, warum er das Boot gekauft hat, nachdem sein eigener Schoner nach einer nächtlichen Kollision an seiner Mooring gesunken ist. Sachen gibt es …
Na und eigentlich möchte er das Boot mit Gewinn wieder verkaufen. Also wenigstens die inzwischen investierte Arbeit möchte er heraus haben. Ich könnte ihm ein Angebot machen.
Zwei weitere Boote, die wir besichtigen, sind zu teuer bzw. zu groß.
Und dann eben als letztes noch die Altair, die in einem guten Zustand ist, sehr viel Platz hat, aber eben ein Stahlschiff ist.
Fünf Besichtigungen an einem Tag und das bei den feuchtheißen Temperaturen. Am Abend sind wir beide ziemlich geschafft. Ich habe viele Fotos gemacht, weil ich Angst habe, mich sonst nicht mehr zu erinnern. Und auch während wir dann abends über das Gesehene resümieren, merken wir, dass wir schon einmal ein Detail nicht dem richtigen Boot zuordnen. Gut, dass es so viele Fotos gibt.
Die Samore ist schon ein sehr schönes und stabiles Boot. Wir haben sie letztes Jahr einige Male unterwegs gesehen. Und auch da hatte sie uns schon gefallen. Doch was soll ich für dieses Schiff anbieten? Der Verhandlungspreis war im Internet von Makler zu Makler sehr unterschiedlich. Und wir wissen nicht, was Joe bezahlt hat, und wieviel Gewinn er für die eine Woche, wo das Boot jetzt seines ist, machen möchte. Und bevor ich ein Angebot machen kann, muss ich sie noch einmal richtig anschauen, nicht nur oberflächlich.
Die Altaïr möchten ich nicht ganz verwerfen, doch die Samore bleibt mein Favorit, auch wenn Hermann viele gute Argumente für die Altaïr in den Raum stellt.
Nach so einem anstrengenden Tag habe wir uns ein leckeres Glas Wein und eine Pizza verdient. Den Tisch haben wir schon am Vortag reservieren lassen, weil uns der Platz in der Ecke direkt über Strand und Marinaeinfahrt mit dem freiem Blick über das Meer am Besten gefällt. Die Restaurant-Beleuchtung besteht größtenteils aus einfachfachen Glühbirnen in einer Fassung, die in dem Ambiente keinen Abbruch tun und kaum auffallen. Doch als ein kleiner Gecko direkt auf unseren Tisch fällt, schauen wir nach oben. Um die Glühbirne herum sitzen mehr als ein Dutzend kleine Geckos und fangen sich ihr Abendessen. Als der Kellner unserem Blick folgt, fragt er, ob wir uns dadurch gestört fühlen. Fühlen wir uns nicht. Das ist besser als Kino. Natur life eben.
Donnerstag. Nach dem Besichtungsmarathon von Vortag ist jetzt zu überlegen, wie es weiter geht. Wir überlegen erst einmal den neuen alten Favoriten, die Samore, richtig in Augenschein nehmen und dann ein Angebot abzugeben. Und je nachdem wie es dann ist, mittags Serge anrufen, damit er uns die Altaïr noch ein zweites Mal zeigt. Es ist doch immer gut, erst einmal einen Plan zu haben.
Also auf zur Samore. Joe ist schon unterwegs, doch wir brauchen nicht lange auf seine Rückkehr warten.
Noch viel schneller als auf ihn zu warten, sind wir dann völlig durchgeschwitzt, als wir durch alle Ecken auf der Samore krauchen. Je mehr ich sehe, je mehr erkenne ich ich, wieviel Arbeit wirklich zu leisten ist, bis dieses Boot wieder im altem Glanz erstrahlt. Kein Holz, dass noch wirklich passt, nicht abschliffen oder bearbeitet werden muss. Ganz abgesehen von der fehlenden Tecknik. Während ich noch unten schaue, spült oben Joe das Deck ab. Etwas fassungslos sehe ich an den im Moment offenen Wänden das Wasser an den Püttings herunterlaufen. Hermann!!!!
Nicht so schlimm, dass kann man abdichten. Doch so kommt eins zum anderen. Mein Favorit wird zum Projekt. Mindestens ein Jahr lang. Doch ich entscheide mich, trotzdem ein Angebot anzugeben. Nur nicht mehr so hoch, wie wir es gestern schon einmal grob besprochen hatten. Zuwenig für Joe. Und plötzlich erzählt er auch eine Geschichte, dass er ja das Boot gekauft hat, um darauf zu leben. Alles hört sich ganz anders als gestern. Wir kommen zu dem Schluss, dass er nicht wirklich verkaufen möchte und ich nicht wirklich ein Projekt kaufen möchte und deshalb ein höheres Angebot zu machen.
Gegen Mittag rufe ich dann Serge an und bitte um einen weiteren Besichtigungstermin auf der Altaïr.
Diesmal mache ich keine Fotos, sondern lasse das Boot einfach auf mich wirken, während Hermann und Serge oben im Cockpit sitzen und sich unterhalten. Über eine Stunde wechsele ich immer mal wieder den Platz, schaue in die Schabs, setze mich hier und dort hin, wandere durch das Boot.
Als wir uns von Serge verabschieden, meint er, dass wir beim nächsten Mal wohl miteinander Champagner trinken. Na, so weit ist es ja noch nicht.
Erst einmal schreibe ich den Eigentümern, Pierre und Cathy, die auf La Rheunion wohnen.
Früh am Freitagmorgen bringt uns ein Taxi zum Flughafen.
Wir sind beide relativ schweigsam und jeder so mit seinen Gedanken beschäftigt. Die drei Tage waren doch recht anstrengend und wir sind froh, als wir abends endlich wieder im Cockpit der Pacifico sitzen. Während wir das eine und andere noch einmal erörtern, kommt auch die erste Rückmeldung aus La Rheunion mit der Beantwortung meiner ersten Fragen. Sehr nett geschrieben, was auf sehr nette Leute schießen lässt. Weitere Fragen werden sicherlich über diesen Kontakt in den nächsten Tagen eine Antwort suchen, bevor ich mich entscheiden kann, wirklich ein Angebot für die Altaïr zu machen. Der Grundriss, also die Aufteilung im Inneren der Altaïr, ist schon ziemlich ungewöhnlich. Doch ich finde den Salon mehr als gemütlich, die Kabinen ok, das Cockpit wird ohnehin eine neue Gestaltung bekommen. Nur das es ein Stahlschiff ist, macht mir und auch Hermann noch Gedanken.