Es ist alles erst einmal etwas provisorisch. Das Bett in dem ich schlafe, die Küche, in der ich mir einen Kaffee koche oder eine Kleinigkeit zu essen mache. Ein bisschen wie Camping, nur dass es kein Wohnwagen ist, sondern ein Boot, dass am äußeren Rand der Marina, in einem Erdloch für den Kiel, direkt am Meer steht.
In den ersten Tagen werde ich auch oft gefragt, wo denn Peter (Pierre) ist. Es dauert ein paar Tage, bis sich herum gesprochen hat, dass nun Hilde die Eigentümerin der Altaïr ist und ich bin jetzt schon gespannt, wie lange es dauert, bis es nicht mehr Altaïr heißt, sondern von der Amiga gesprochen wird. In der Bar/Restaurant richtet man kurzer Hand doch schon ein eigenes Konto für mich ein. Da geht die Rechnung nicht mehr auf den Tisch, sondern eben auf Hilde. Egal wo ich mich hinsetze. Nach vier Wochen gehöre ich eben schon zu den Dauergästen.
In Lautoka bestelle ich die Rohre, die ich für die feste Seereling benötige. In dem Laden kaufe ich auch gleich noch Werkzeug ein, dass ich an Bord bisher nicht gefunden habe, die nächsten Wochen aber gut brauchen kann. Die Rohre sollen am Freitag geliefert werden. Ich bin gespannt, ob dass wohl klappt. Tatsächlich kommen Sie schon am Mittwoch. Ist das Fiji-Time?
Das Großsegel soll eine Revision erhalten. Ich vereinbare einen Termin für die Abholung. Am Mittwoch Morgen nehme ich es als erstes herunter, breite es neben der Amiga aus und schaue es mir genauer an. Sieht gar nicht so schlecht aus, finde ich. Die Leute kommen nicht um 9.30 Uhr wie vereinbart. Eine Stunde später rufe ich dort an und frage nach. Die nette Dame am Telefon verspricht mir dafür zu sorgen, dass Solomon noch kommt. Und tatsächlich eine Stunde später liegt das Segel auf seinem Transporter. Klappt doch.
Am Mittwoch soll auch Mohammed mit der Windschutzscheibe anfangen. Doch der kommt erst am Donnerstag. Er bringt ein paar Hölzer an, die das Grundgerüst für den Dodger sein sollen. Sieht erst einmal für mich alles ziemlich merkwürdig aus und ich zweifle schon jetzt an dem Ergebnis. Und in Anbetracht dessen, was das ganze kosten soll, erst recht.
Das Steuerrad hat etwas Spiel. Ursache dafür soll ein etwas abgenutzter Teflonring sein innerhalb der Steuersäule. Um da heran zu kommen muss erst einmal das Steuerrad ab. Kaum zu glauben, dass das schon zur Herausforderung wird. Die Mutter lässt sich leicht entfernen. Das das Rad selbst sitzt fest auf der Achse. Ob es da einen Trick gibt? Recherche im Internet bringt mich auf einen Abzieher. Doch nirgends ist beschrieben, wie so ein Ding denn wohl aussehen sehen soll, geschweige denn wo ich es bekommen kann. Ich bekomme hilfreiche Tips per Telefon und Mail und fragt im Marina-Shop nach. Die haben so etwas nicht, aber jetzt weiß ich schon einmal, dass das Ding, von dem ich immer noch nicht weiß, wie es aussieht ‚Puller‘ im englischen heißt. Scheinbar kennt jeder so etwas, nur ich nicht. Also frage ich bei Martin von Baobab nach, erkläre mein Problem und er sichert mir zu, dass Mohammed nachher vorbei kommt. Mohammed braucht keine zwei Minuten um mit Hammer und Kraft, also ohne Abzieher das Steuerrad herunter zu bekommen. Na toll. Etwas zuviel alte Farbe auf der Achse war der Grund dafür, dass es mir nicht gleich den Gefallen getan hat.
Die Steuersäule beschäftigt mich dann noch weiter. Die Farbe blättert über dem eloxierten Aluminiumgehäuse ab die meisten Schrauben sind wie festgewachsen. Dafür brauche ich anderes Werkzeug und mehr Kraft.
Bei der Gelegenheit stelle ich auch fest, dass das Steuerelement der Vetus Autopiloten definitiv hinüber ist. Ein neues ist nicht zu bekommen, da es schon seit Jahren nicht mehr hergestellt wird. Doch wie auch schon für die Pacifico, wo es im letzten Jahr das gleiche Problem gab, habe auch ich Glück und finde ein gebrauchtes Teil bei EBay in England. Es ist relativ günstig, so dass ich das Risiko eingehe, eventuell ein Fehlkauf zu tätigen. Innerhalb von zehn Tagen ist es in Fiji und ich kann es bei der Zollabfertigung der Post abholen. Im übrigen ein besonderes Erlebnis. Man muss dort nämlich das Paket aufmachen und vorzeigen, was drin ist. Wenn ich daran denke, dass meine Tochter mir drei Pakete aus Deutschland schicken wird, in denen Zeug und alles mögliche für mein Bordleben ist, wird dass hier beim Zoll noch ein richtiger Spaß. Inga meint dazu auch gleich, ich sollte für die Abholung eine Reisetasche mitnehmen, weil ich es nie wieder so eingepackt bekomme. Guter Tipp. Doch bis es soweit ist, wird wohl noch ein Monat vergehen.
Zum Einkaufen fahre ich mit dem Bus nach Lautoka. Es ist schon immer etwas abenteuerlich, diese Busfahrten. An der Bushaltestelle steht Montag bis Freitag Maria mit ihrem windschiefen Verkaufsstand, an dem man von ihr am Vortag zubereitete Speisen, Kuchen, Roti und manchmal auch Früchte kaufen kann. Stolz erzählt sie, dass sie es so auch ohne Mann schafft, unabhängig ist. Ihre Kinder sind mehr oder weniger jetzt erwachsen und der jüngste geht jetzt auf die Universität. Emanzipation in Fiji.
Ich bin jedesmal aufs neue gespannt, wie klapprig der Bus denn diesmal sein wird. Und da kann es auch schon mal sein, dass er Verspätung hat bzw. ein Austauschbus kommt, weil der planmäßige Bus dann unterwegs doch liegen geblieben ist. Es gibt auch moderne mit Fernseher oder Wifi, andere sind liebevoll mit leuchtend roten Lackleder restauriert. Die Menschen, die ein- und aussteigen sind durchweg freundlich, fast immer gut gelaunt und niemand hat es besonders eilig. Die Busfahrer sind ausgesprochen geduldig, auch wenn es mal etwas länger dauert, bis jemand den Weg hinaus gefunden hat.
Meine Sitznachbarin fragt woher ich komme, wie lange ich bleibe. Wir reden über unsere Kinder und sie fragt mich, ob nicht jemand aus meiner Familie und Freundeskreis eine Frau sucht und ihre Tochter heiraten möchte. Ganz spontan lädt sie mich zu sich nach Hause ein und ob ich nicht direkt mitkommen möchte. Da es bei mir gerade nicht passt, tauschen wir nur unsere Telefonnummern aus. Vielleicht ein andermal.
Wenn der Bus nicht fährt oder Verspätung hat, hält auch schon mal häufig auch ein Auto an. Die Fahrt in die Stadt ist dann kostenlos. Bei der Gegelegenheit lerne ich Singh kennen. Er ist Bau-Ingenieur und arbeitet gerade auf einer der Baustellen die Straße herunter. Und natürlich nimmt er mich nicht nur mit, sondern bringt mich genau dorthin, wo ich hinmöchte. Von unterwegs telefoniert er sogar, um in dem Geschäft nachzufragen, ob ich dort tatsächlich das bekomme, was ich möchte, und meine Fahrt somit auch nicht umsonst ist.
Liebe Hilde, nachdem ich die Bilder gesehen habe, bin ich tief beeindruckt,wie Du das alles gemeistert hast. Und dazu noch in diesem Zeitrahmen. Allergrößten Respekt. Das Ergebnis kann sich mehr als sehen lassen.
Lieber Arwed, vielen Dank für deine netten Worte. Und wirst das Ergebnis ja demnächst persönlich in Augenschein nehmen ?⛵️