Nach einen ruhigen Nacht an dem Anker Platz Nr 29 steht heute unsere Ankunft in Nei’afu auf dem Plan. Ich freu mich schon drauf. Auf Pizza im „Aquarium“, Obst und Gemüse von dem kleinen Markt und bin gespannt, ob es noch das „Tropicana“ gibt.
Andere Segler hatten berichtet, dass Greg das „Tropicana“ aufgeben wollte. Das wäre für die Seglerwelt ein großer Verlust, denn dort wird neben Speisen und Getränken alles mögliche Angeboten: Gastland-Flaggen der Südseestaaten, Internet, ein Laundry Service, man bekommt seine Gasflaschen gefüllt, und will man nach Fiji, drückt Greg mal eben die 10 Seiten Notice in Advance aus und verschickt sie bei Bedarf sogar, Fahrräder können gemietet werden, um nur einiges zu nennen, was hier dem Segler das Leben freundlicher macht.
Gegen Mittag machen wir an einer der freien Moorings fest. Es sind offenbar nicht viele Boote hier. Wir sind aber immerhin schon die Nummer 19 in diesem Jahr, wie ich später von Customs erfahre. Dort muss ich als erstes hin, um uns anzumelden und wieder irgendwelche Zettel auszufüllen mit den immer gleichen Fragen. Ich vermisse Boy, den großen Tonganer. Er hat heute dienstfrei. Vor drei Jahren hat er uns nach einem Sonntagsausflug mit den Meerbaers doch sehr nachdrücklich gefragt, wo wir denn wohl gewesen wären. Ob wir den Walen hinterher gefahren wären, denn das wäre schließlich verboten. Neiiiiiiinnn, sind wir nicht (nur ein klitzekleines bisschen). Na, ich hätte gerne gefragt, ob er sich an die Pacifico erinnert.
Auf dem Markt erinnert sich eine der Marktfrauen an mich. „Dich kenne ich doch! Du warst doch schon einmal hier. Wo ist denn dein Mann???“ Irritierte Blicke Richtung Ole folgen. Der ist zwar auch groß, sieht aber irgendwie ganz anders aus. Ich erzähle ihr, dass ich jetzt mit meinem eigenen Boot unterwegs bin.
Bei ihrem Standnachbarn, „Pimmie“ Pimrose bestelle ich einen großen Korb mit Deckel. In dem soll zukünftig Obst und Gemüse im Cockpit lagern. Auch er erinnert sich an mich und doch an seinem irritiertem Blick, sehe ich dass er ebenfalls das Bild mit Ole nicht zusammen bekommt und muss im stillen schmunzeln.
Zurück an der Mooring lernen wir unseren ersten Bootsnachbarn kennen. Wir sind also doch nicht so allein hier. Es ist ein spanischer Segler, der auf seine Freundin wartet, die erst Mitte Juni kommen wird. Von ihm erfahren wir, dass heute das „Aquarium “ Neueröffnung hat. Ein neuer Besitzer. Na, dann bin ich ja mal gespannt, ob es da noch eine anständige Pizza geben wird. Zum Glück für Ole ist der Spanier auch noch Fussball-begeistert und sie verabreden sich für Sonntag morgen, um die Life-Übertragung anzuschauen. Real-Madrid gegen Liverpool????? Na, irgendwie so etwas. Für wen es den wichtig ist.
Das „Aquarium“ abends ist dem Anlass entsprechend gut besucht und der Wirt begrüßt uns persönlich. Während wir auf unsere Getränke warten, kommt plötzlich jemand aus dem Gebäude geschossen, kommt an unseren Tisch und beugt sich neben mir über das Geländer und zottelt an den Pflanzen, die dort in Kübeln hängen. Ich habe ihn wohl etwas fassungslos angeschaut, denn plötzlich sagt er: „Ich bin der Koch. Und brauche noch ein paar frische Kräuter!“ Und schon ist er auch wieder im Gebäude verschwunden. Aha. Das hört sich doch gut an. Hier wird jetzt also mit frischen Kräutern gekocht.
Die Riesenpizza steht zu meiner Enttäuschung nicht mehr auf der Karte. Dafür gibt jetzt auch eine saftige Calzone. Das Fleischgericht, dass Ole serviert wird, bringt ihn zum Schwärmen. Noch Tage danach. Also so schlecht ist meine Küche nun ja auch nicht.
Am Sonntag wird es voll. Die World ARC läuft ein. Plötzlich sieht es so aus, als wenn alle Moorings belegt sind und hier herrscht Hochbetrieb. Wir kommen akkustisch in den Hochgenuss der Stimmung, die abends bei den Italienern an Bord herrscht. Kaum zu glauben, dass das tatsächlich nur vier Leute sind. Hört sich eher an, als wären es zwanzig.
Ich nutze die Zeit in Nei’afu um Reparaturen auf dem Mast durchzuführen. Hier ist das Wasser so ruhig als würden wir am Steg in einer Marina liegen. Im Nachhinein bin ich wirklich froh, das ich nach der Schadenbesichtigung in Uoleva, wo es doch eher schwellig war, gewartet habe. Damals war es doch eher schaukelig da oben. Inzwischen weiß ich, wie ich den Antennenfuss demontiert bekomme. Das ist das Wichtigste überhaupt. Damit wir wieder auf dem AIS zu sehen sind und sehen vor allem auch andere sehen können, muss das unbedingt neu installiert werden. Jetzt sehe ich auch, warum seit unserer Abfahrt in Neuseeland das Grosssegel zu schwergängig ist, dass es kaum hochzubekommen war. Selbst Silikonspray auf den Rutschern hatte nicht geholfen. Die neue Dierk klemmt das Fall oben an der Rolle ein. Jetzt wo ich das weiß, kann ich es auch von unten sehen. Vielleicht hätte ich da früher schon mal hinaufschauen sollen. Hätte uns eine Menge Muskelkraft gespart.
Die Messeinheit für den Windmesser trudelt auch da oben herum. Es ist wie mit allem, wenn man es nicht gleich richtig richtig richtig macht, ist es eben nicht richtig und man muss es mindestens noch einmal machen. Ich brauche häufig mehr als zwei Anläufe. So auch mit der Messeinheit. Nachdem ich die jetzt so richtig festgesetzt habe – die Verschraubung mit Locktide, die Muttern mit Kontermuttern, dann noch festes Klebeband darum, wie bei einem Verband beim Arzt, und zum Schluss noch ein Bändsel drum herum gebunden. Also wenn ja jetzt nicht hält, weiß ich auch nicht. Unten angekommen, stelle ich dann fest, das Windrichtung und Windstärke nicht mehr angezeigt wird!!!!!
So langsam wird mir dieses Gerät unsympathisch. Mal vorsichtig ausgedrückt. Schließlich war es ja schon ein unglaublicher Aufwand, das Kabel für die Messeinheit durch den Mast zu ziehen. Das Kabel hatte sich jeglichen Bemühungen wiedersetzt. Alleine Hermann ist dafür schon dreimal da oben erfolglos im Mast gewesen und hatte sogar aus Deutschland dafür dann eine Kabeleinfädelhilfe nach Neuseeland geschickt. Dann hatte es endlich vor der Abreise von Neuseeland geklappt und auch funktioniert. Unterwegs hat sich die Messeinheit aber wieder gelöst und dann Windstärke und Windrichtung mal angezeigt und mal nicht.
Nachts rätsel ich über die möglichen Ursachen. Entweder hat sich ist jetzt das Kabel in der Messeinheit selbst gelöst oder die Steckverbindung?
Gott sei Dank nur die Steckerverbindung. Die entlaste ich dann auch bei der nächsten Mastkletterei mit einem Kabelbinder. Schnell noch die AIS Antenne wieder anschrauben. Fertig. Abends gibt es eine Ergolgsmeldung vom Kopmpetenzzentrum Hamburg. Die Amiga sendet wieder ein AIS Signal und ist sichtbar.
In mir macht sich ein Zufriedenheitsgefühl breit. Hat alles gut geklappt.
Nun können wir ein wenig Vava’u entdecken. Und los geht es. Nachmittags sollen die Caves am schönsten sein. Es ist nicht weit von Nei’afu. Naja so richtig weit ist hier sowieso nichts. Etwa 1,5 Meilen südlich von den Caves ist ein tolles Ankerplatz, den ich auch noch nicht kenne. Zu der Cave, zu der wir wollen, geht es mit dem Dingi. In die große Meereshöhle, in die jetzt am späten Nachmittag die Sonne scheint, können wir direkt mit dem Dingi hineingleiten. Unter uns leuchtet es kräftig blau, über uns erhebt sich ein Gewölbe, wie in einer Cathedrale. Wir drehen mehrere Kreise mit dem Dingi , um diese besondere Atmosphäre auf uns wirken zu lassen. Draußen der Pazifik und wir hier drinnen in dieser Höhle. Der Eingang eine Wasserschwelle.
Schade ist nur, dass sich die Menschen hier mit Grafitis verewigen mussten. Das stört doch etwas die Atmosphäre. Oder ob darüber wohl jemand später einmal denken wird, dass die Menschheit einen Rückfall in die Zeit der Neandertaler und der Höhlemmalerei hatte?
Es gibt laut Karte hier noch weitere Höhlen zu entdecken. Auch dort könnte man von unserem Ankerpaltz mit dem Dingi hinfahren. Doch für heute ist es schon zu spät.
Nicht lange nach unserer Rückkehr geht ein Langboot mit einem Mann und einem Kind längsseits. Ich wundere, was die möchten. Hier sind ja Moorings, die man benutzen kann und die entsprechend auch Geld pro Nacht kosten. Doch wir liegen vor Anker. Also???? Der Mann zeigt mir so einen selbst gebastelten Ausweis in einer Schutzhülle und dann schreibt er irgend etwas auf. Irgendwann fängt er auch tatsächlich an zu reden, als ich schon drauf und dran bin wieder unter Deck zu gehen. Dieser Mensch möchte doch tatsächlich dafür kassieren, das die Amiga hier vor Anker liegt!!! Hatte ich das nicht gerade erst von einem Amerikaner, Ruben, gehört, der über so etwas geschimpft hatte?! Das gibt es doch nicht! Doch gibt es. Dieses Gebiet gehört zu einem Dorf, und die möchten Ankergebühren. Er zeigt mir einen Ausschnitt einer Landkarte und erneut seinen Ausweis. Ich bin ja lange nicht mehr aus der Ruhe gekommen. Aber im nachhinein tat mir der arme Kerl denn irgendwie doch schon leid. Das hätte ich sicherlich auch etwas charmanter regeln können.
Fakt ist dann aber, das ich nicht zahle, das nicht den Ankerplatz verlasse, zumindest heute Abend nicht, sondern erst am nächsten Tag. Ich finde, es hat alles Grenzen mit der Bezahlerei.
Die wissen natürlich wie schön gerade diese Bucht ist, mit ihrem glasklaren in verführerischen Türkis leuchten Wasser, dem wunderschönen Strand, an dem Palmen und in kräftigem grün glänzende Büsche etwas Schatten spenden. Zudem ein guter Platz, um von hier aus Exkursionen mit dem Dingi zu starten.
Ich bedauere es schon, hier am nächsten Morgen wegzufahren. Aber zahlen will ich dafür auch nicht. Wo kommen wir denn dahin, wenn so etwas Schule macht? Wo bleibt dann die Freiheit, die doch dieses Leben, das wir Cruiser leben, ausmacht????
Der Wind hat etwas zugelegt, so das wir eine gutes Stück zwischen den Inseln hindurch segeln können. Es gibt eine Menge schöner und, je nach Wetterlage, geschützter Ankerplätze. Wir sehen unterwegs auch andere Segler, die nicht zur World ARC gehören. Diese Segler grüßen, sind nett und freundlich und wirken so gar nicht distanziert oder gar überheblich. Die ARC Leute sind irgendwie anders unterwegs. Naja, die zahlen ja auch eine Menge Geld für die Teilnahme an der ARC, für etwas, dass man quasi auch umsonst haben kann. Und die laufenden Kosten usw haben sie noch obendrauf. Ich kann verstehen, dass sich der eine oder andere da eben schon privilegiert fühlt.
Zwei Tage später gehen wir in einer Bucht vor Anker, die bereits voller ARC teilnhmenden Booten liegt. Als ich gerade eine Runde schwimmen gehen möchte, kommt ein Dingi mit einem Paar angefahren, um mich anzusprechen. Oh, sind die ARC Leute doch nicht so auf Distanz? Haben wir uns da getäuscht?
Nein, wohl nicht. Die beiden sind von der Sol und ich habe sie nur nicht wiedererkannt. Jamie und Linda hatten wir bereits in Nuku’alofa gesehen. Der Kat, der nach uns einklariert hat und einen Krankenwagen für ein Crewmitglied brauchte. Das Boot, dass uns den besten Ankerplatz in Kelefisia weggeschnappt hatte. So etwas bleibt in der Erinnerung. Mit den Gesichtern fällt es mir manchmal schon etwas schwerer.
Am Samstag gibt es hier an Land die Möglichkeit an einem traditionellen Essen teilzunehmen: Schwein aus dem Erdofen. Ich möchte Samstag eigentlich schon nach dem Markt auf dem Weg nach Samoa sein. Also kommt es für uns nicht in Frage.
Doch die beiden Australier sind so sympathisch, dass ich sie spontan zum Abendessen einlade. Und es wird ein richtig schöner unterhaltsamer Abend. Wir hoffen, dass wir uns unterwegs noch häufiger begegnen werden. Und wenn nicht in Fiji oder Neukaledonien, dann doch spätestens in Neuseeland.
Wir kehren nach Nei’afu zurück für letzte Einkäufe und zum Ausklarieren. Doch das Wetterfenster für Samoa will nich passen. Nicht, dass es zu viel Wind wäre, nein, er kommt genau aus der Richtung, in die wir wollen. Also abwarten, bis sich die Wettersituation ändert.
Zeit zu schauen, was beiden befreundeten Seglern gerade zu anliegt, die um den halben Globus verteilt unterwegs sind.
Und auch, um im stillen die Ankunft der Pacifico in Fiji zu feiern. Seit der Abreise in Neuseeland hatte ich mir um Hermann und die Pacifico immer wieder Sorgen gemacht. Das Wetter hatte sich so richtig ausgetobt. Wind um die 40 Knoten und bis zu 5 Meter hohe Wellen sind kein Vergnügen Dazu der fehlende Schlaf. Ein Zwischenstopp vor den unbewohnten Kermadecs hatte gezeigt, dass die Ankergründe dort nicht zum Abwettern geeignet sind und es dann auf dem aufgewühlten Pazifik doch sicherer war. Ein weiterer geplanter Zwischenstopp im Minerva Reef hatte eine verdiente Ruhepause gebracht. Jetzt am Montag morgen ist er endlich gesund und unbeschadet in Fiji angekommen. Henning, ‚unser‘ Kopmpetenzzentrum in Hamburg, hatte täglich Wetterdaten gesendet und wir hatten uns gegenseitig auf dem Laufendem gehalten, zusätzlich zu dem täglichen Kontakt via Sailmail mit der Pacifico. Doch nun ist alles gut.
Die Wetterdaten, die mir Henning für die Fahrt nach Samoa, ergänzend zu meinen heruntergeladenen Wettergrips sendet, sind dagegen nun eher unspektakulär. Wind um die 3-4 Bft, also bis so 16 Knoten, sprechen eher für eine „Kaffee-Fahrt“.
Schauen wir mal, wie es wird. Heute Morgen gehen wir Anker auf Richtung Samoa. Es verspricht ein schöner Tag zu werden und dann auch hoffentlich eine schöne Reise. Bis Samoa, Apia, sind es etwa 360 nm und ich rechne wegen der am Anfang eher Schwachwindsituation mit dreieinhalb Tagen. Ganz gemütlich eben.