Aus meinem Gesicht regnet es!!!!
Ich weine??? Nein, ich schwitze!!! Mehr als dass. Ich regne förmlich ab und bin froh um jeden Luftzug, möglichst im Schatten. Kein Wunder. Ich bin schließlich in den Tropen. Ufff.
Doch mit der Zeit gewöhne ich mich langsam an die Temperaturen und damit umzugehen. Ich dusche hier sogar kalt und verzichte liebend gerne auf das warme Wasser, damit ich nicht gleich nach der Erfrischung wieder schwitze ?
Wir sind nun in den Solomon’s. Mein und auch Hermanns Wunsch war es, dieses Jahr etwas Neues kennenzulernen. Deshalb geht es weiter nach Westen. Also nicht mehr Neuseeland, Tonga, Samoa, Fiji, Neukaledonien und wieder Neuseeland. Und zwei Segelboote, die gemeinsam unterwegs sind, sind schon einmal ein Sicherheits-Faktor. Unterwegs sprechen wir mit weiteren Seglern, die ebenfalls in dieser Richtung unterwegs sind. Drei oder vier Segelboote in einer Ankerbucht erhöhen die Sicherheit von uns allen.
Vanuatu war schön und eine besondere Erfahrung. Die Ankerplätze waren oft nicht so ganz gut kartographiert und beschrieben, doch im Großen und ganzen sind wir gut zurecht gekommen.
Wir hatten die Wahl in Sola auf Vanua Lava, unserer letzten Insel in Vanuatu, zu bleiben und eine Schlechtwetterphase abzuwarten, was mindestens noch 9 Tage gedauert hätte, oder kurzentschlossen durchzustarten und vor dem Starkwind davonzufahren zu den Solomon’s. Nach einigem hin und her also los, statt an einem doch langweiligen und letztendlich nicht gut geschützten Ankerplatz auszuharren.
Die Strecke bis Ndendo ist nicht allzu lang. Wir brauchen 1 Tag und 18 Stunden und kommen morgens am 31. Juli dort an. Es ist so windig, dass wir nicht vor Lata ankern können. Überhaupt kann man hier vor dem Ort nicht ankern. Vielleicht mal für eine Stunde, bei Windstille, direkt am Riff und wenn jemand an Bord bleibt, für den Fall, dass es doch anfängt zu wehen. Doch wer soll denn an Bord bleiben, wenn man allein unterwegs ist?
Nachdem wir vor dem Pier eine zeitlang gekreist sind, versucht haben, die Offiziellen über Funk zu rufen, geben wir es erst einmal auf. Wir suchen nach einem ruhigen Ankerplatz, der nicht zu tief ist. Also mindestens unter 20 Meter Wassertiefe. So einen richtig guten Ankerplatz soll es in der ganzen Bucht nicht geben. Wir versuchen es, trotzdem einen einigermaßen guten Platz zu finden, indem wir weiter in die Graciosa Bay hineinfahren. Eine Stunde später liegen wir windgeschützt und ruhig vor einer Flussmündung.
Die 8 Kilometer Fußmarsch anschließend zurück nach Lata, über etwas, das eher ein Feldweg als Straße ist, empfinde ich am Ende als Strapaze. Der Weg mit den vielen Regenpfützen nimmt einfach kein Ende. Es kommt aber auch kein Auto, dass uns wie anfänglich erhofft, ein Stück mitnimmt. Puuuh. Und es ist wirklich warm.
Auf dem Weg durch die Dörfer werden wir überall von den Menschen freundlich gegrüßt. Die Schulmädels grüßen auch, kichern dann aber verschämt und schauen uns immer wieder an. Mädchen!
Und es herrscht rege Bautätigkeit. Hier wird richtig gearbeitet. Immer wieder kommen wir an Baustellen vorbei, an denen gerade neue Holzhäuser errichtet werden. Bei anderen Häusern lagert frisches Bauholz und wartet auf seine Verarbeitung. Ich kann mich nicht erinnern, dass ich in der Südsee jemals zuvor so viele Menschen habe richtig körperlich arbeiten sehen. Auch finde ich es irgendwie gut, dass hier die Häuser aus Holz gebaut werden, wenn schon nicht in traditioneller Bauweise, und nicht Steinhäuser bzw. Leichtbauwände mit Blechdach das Dorfbild verschandeln. Einhellig hören wir immer wieder, dass die Häuser in traditioneller Bauweise, zum Beispiel aus Bambus und Palmwedeln oder ähnlich, viel besser in diesem Klima sind, als die nach westlichen Beispiel gebauten Häuser.
Das einklarieren läuft dann freundlich und problemlos ab. Problemlos vor allem deshalb, weil Hermanns genügend US Dollar dabei hat, um unsere Einklarierungsgebühren zu zahlen. Es gibt hier keine ATM und die Bank wechselt auch keine andere Währung in Solomon-Dollar. Mit rund 270 € Gebühren pro Boot ist es der teuerste Staat, den wir bisher besucht haben. Allein Customs sind schon 18 USD pro Meter Bootslänge.
Mit dem Weiterfahren dauert es etwas. Wir wettern viel Wind und Regen ab, wobei das, was wir an Wind abbekommen, eigentlich nicht der Rede wert ist, geschützt am Anker liegend. Draußen auf dem offenen Meer, vor allem südlich von uns, sieht es wohl anders aus.
Täglich fahren wir mit der Pacifico nach Lata, um vor dem Ort wenigstens ein Hauch von Internet zu haben. Und täglich bekommen wir Besuch von Einheimischen in ihren Kanus, die ein bisschen reden wollen und auch das eine oder andere benötigen, von dem sie hoffen, dass wir es an Bord haben.
Da in den Dörfern soviel Bauholz zur Verfügung steht, frage ich bei so einer Gelegenheit, ob mir nicht jemand ein Relingholz erneuern könnte. Ich bin gespannt, auf das Ergebnis, erwarte aber nicht wirklich ein positives Ergebnis. Doch am nächstens Morgen kommt der Mann mit seinem Kanu angefahren, kommt an Deck und setzt passgenau das neue Holz ein. Ich bin baff. Kosten tut mich diese Arbeit inclusive Holz rund 18€. Für hiesige Verhältnisse sicherlich nicht gerade billig. Doch ich freue mich. Es sieht gut aus.
Wir sind zwei Tage unterwegs, um dann Mittags in Port Mary, Santa Ana, anzukommen. Die kleine Insel mit etwa 5 km Durchmesser liegt etwas östlich von Christobal. Auf der letzten Strecke hat uns der Wind fast völlig verlassen und dann regnet es auch immer wieder heftig. Ich hatte mir in Ndendo ein Regenrollo für den Niedergang genäht, damit ich bei achterlichem Wind, den Regen nicht im Einstieg habe. Unterwegs habe ich mich über diese Neuerung dann sehr gefreut. Ist Amiga drinnen doch trocken geblieben, während es geschüttet hat und ich konnte trotzdem durch die stabile Klarsichtfolie hinausschauen.
Ich bin unterwegs auch nicht verhungert, nicht seekrank geworden, und hatte mich schnell an einen halbstündigen bis stündlichen Schlafrythmus gewöhnt.
In der zweiten Nacht hatte ich mir um Hermann etwas Sorgen gemacht, weil der Wind nicht mehr zum Segeln reichte und sein Autopilot ja seid einer Gewitternacht in Ndendo kaputt ist. Doch der Windpilot hat es mit dem wenigen Wind und Motorkraft gut geschafft. Eine völlig neue und erfreuliche Erfahrung. So konnte Hermann schlafen und musste nicht die ganze Zeit steuern. Das wäre ein ziemlicher Stress geworden: 15 Stunden am Stück per Hand steuern, nachdem der Wind zum richtig segeln nicht mehr reichte.
Wir hatten in Ndendo schon das Erlebnis, das die Menschen sehr offen auf uns zugegangen sind. Anders als in Vanuatu. Eine neue Kultur auch was die Lebensweise der Menschen und ihre Häuser betrifft. Überall an den Ufern stehen Menschen und sind am fischen und angeln. Die Kanus haben hier keine Ausleger und scheinen trotzdem super ausbalanciert zu sein. Die Häuser sind viel größer als in Vanuatu, wo die Familien eher in mehreren kleinen Hütten wohnen.
Der Empfang hier in Santa Ana war unbeschreiblich. Wir müssen uns zukünftig wohl etwas umstellen. Wir zählen 10 Kanus mit Kindern, die um uns herum wuseln mit entsprechendem Geräuschpegel, der jedem Kindergarten Ehre gemacht hätte. Über Stunden. Fünf Kinder hingen allein an der Ankerkette der Pacifico. Zwischendurch kamen Frauen mit weiteren Kindern im Kanu, die uns Obst und Gemüse angeboten haben. Gewünschte Tauschartikel sind Kleidung und Haarshampoo. Als ich dazu noch ein paar kleine Parfümproben rausgerückt habe, war keine halbe Stunde später die nächste Frau da, die auch gerne Parfüm wollte. Der absolute Renner.
Ich konnte nicht einmal in Ruhe duschen, (meine Dusche ist auf der Badeplattform der Amiga), ohne das mir die kleinen Mädels in den Kanus von der Pelle rückten. Ob ich auch Shampoo für sie hätte?
Selbst jetzt in der Dämmerung sind immer wieder Kanus mit Kindern um unsere Boote herum.
Bevor wir an Land gegangen sind, habe ich allen gesagt, sie möchten während der Zeit, von unseren Booten fernbleiben, damit wir uns sicherer fühlen, dass keiner heimlich an Bord geht. Im wesentlichen haben sie sich dran gehalten. Das fand ich dann doch gut, nachdem sie uns vorher förmlich überrannt hatten. Wir konnten hinterher sehen, dass sie neugierig in unsere Backskisten geschaut hatten. Es fehlte jedoch nichts.
Es ist auch das erste Mal, dass ich an Bord Gardinen zum Zuziehen vermisse, um etwas Privatsphäre zu haben. Die Solomonen kennen kein Pardon und hängen förmlichen vor den Fenstern.?
Doch es ist ein neues Abenteuer, dass ich sehr genieße. Es ist anders, als dass, was wir bisher kennengelernt haben und wir sammeln neue Eindrücke und Erfahrungen. Heute gibt es frischen Fisch zum Abendessen. Der erste MahiMahi seit der Ankunft von Neuseeland in Vanuatu. Wir hatten schon fast die Hoffnung aufgegeben ??
Nach ein paar Tagen brechen brechen wir wieder auf. Wir haben uns entschlossen die südwestliche Seite von der Insel Christobal entlang zu fahren, um dann in mehreren Etappen weiter bis zu nächsten Insel und baldmöglichst zur Hauptstadt Honiara auf Guadacanal zu gelangen.
Honiara wird eine Stadt mit roten Straßen sein. Nicht rot vom Blut. Nein. Aber anfangs hat es mich etwas verwundert, warum neben und auf Wegen und Straßen immer wieder rot Verfärbungen gibt. Aber inzwischen weiß ich natürlich. Wo es herkommt. In dem ersten Kanu, dass uns in Ndendo besucht hatte, saß ein junger, relativ gut aussehender junger Mann. Doch als er uns dann anlächelte, sind mir wahrscheinlich zunächst sämtliche Gesichtszüge entgleist. Die Zähne waren Blutrot, als wenn seine Mundhöhle eine blutige Masse wäre. Ich war völlig irritiert und hatte überlegt, was der Arme wohl für ein gesundheitliches Problem hat. Doch es war kein Blut, sondern Betel. Die Menschen kauen hier rote Betelnüsse, ergänzt um eine Kalkmasse, und spucken das wo sie gehen und stehen dann wieder aus. Ob das gut für die Zähne ist, wage ich mal zu bezweifeln, so wie die Zähne der Leute hier so im Durchschnitt aussehen.
Christobal ist kaum kartographiert und wir suchen uns Beschreibungen einiger Ankerplätze aus einem unserer Bücher für dieses Gebiet heraus. Danach ist die erste Ankermöglichkeit nach Santa Ana erst in einer Entfernung von 45 Meilen in der Marunga Bay. Doch vorher gibt es, ohne nähere Beschreibung, eine kleine Insel mit geschützten Buchten dahinter. Die Einfahrt soll durch ein Riff möglich sein.
Als wir die Insel erreichen, sieht es jedoch zunächst so aus, als wäre das Riff durchgehend von der kleinen vorgelagerten Insel bis Christobal. Wir wollen schon abdrehen, doch dann finden wir den Pass doch noch. Wir tasten uns langsam vor, zumal die Pacifico im Moment, auch wegen dem Gewitter in Ndendo, keinen funktionierenden Tiefenmesser hat. Überrascht sehen wir, dass es hier eine Wharf gibt, wo offenbar Holz verfrachtet wird. Wie in Ndendo ebenfalls nach Malaysia. Stilles fällen der Regenwälder?
Die Buchten hinter dem Pass sehen einladend aus und sind geschützt vom Pazifik-Schwell. Klares und ruhiges blau-türkis Wasser in der Buchten, in Ufernähe smaragdgrün schillernd, umgeben von dichtem Dschungel. So haben wir es uns vorgestellt. Doch wir kommen in die Buchten nicht hinein. Schnell wird es einfach zu flach für die Amiga und auch für die Pacifico. Links Riff und rechts steiniger Grund. Um mich nicht festzufahren, muss ich die Amiga wie auf einem Teller wenden, denn die Pacifco vor mir wühlt schon den Boden auf. Wir starten einen weiteren Versuch auf der anderen Seite des Passes, um direkt hinter die kleine Insel zu gelangen. Doch auch hier wird es schnell flacher und diesmal knirscht es unter der Amiga. Wir geben auf. Im Pass können wir nicht Ankern, denn dort würden wir wie in einer Falle sitzen und dem Passatwind und den Wellen ausgesetzt sein.
Es gibt keine andere Möglichkeit, als dann doch die insgesamt 45 Meilen bis zum im Buch beschriebenen ersten Ankerplatz weiter zu segeln. Der Ausblick auf Küste von Christobal ist atemberaubend schön. Die schroffen Felsen sind bis hinunter zum Meer überzogen mit dicht wucherndem Dschungel. Immer wieder sehen wir kleine Dörfer an den Ufern, Dächer, die aus diesen nuancenreichen Grüntönen hervor blitzen. Grüne Berge mit tiefhängenden weissen Wolkenbändern dazwischen und dann wieder leuchtend und strahlend, fesseln unseren Blick.
Wir sind etwas zu spät am Morgen für diese lange Strecke gestartet. Und auch der Abstecher hinter die kleine Insel Marau hat Zeit gekostet. So erreichen wir Marunga erst nach Sonnenuntergang. Da die Amiga diesmal eine Viertelstunde vor der Pacifico ist, habe ich gerade noch Zeit im schwindenden Tageslicht den Ankerplatz zu erkunden, bevor der Anker dann fällt. So kann diesmal Hermann, es ist nun bereits dunkel, dann entspannt einfach neben der Amiga den Anker fallen lassen.
Drei Kanus auf ihrem Weg zurück zum Strand bleiben neben uns für eine kurze Begrüßung und etwas Smalltalk, bevor wir uns schließlich für die Nacht einrichten.
Es ist Sonntag Morgen. Und es dauert nicht lange und wir sind von Kanus umringt. Hermann vergleicht es nicht ganz unberechtigt mit dem „Einlauf der MS Queen Elizabeth in den Hamburger Hafen“. Offenbar sind wir die Sonntagsattraktion und das erste Boot in diesem Jahr. Mehr als drei bis vier sind es ohnehin nur sehr selten.
Wir werden begafft von Familienvätern mit ihren Kindern im Kanu, Menschen, die mit dem Motorboot aus dem Nachbarort kommen, Kinder-Kanus, Mädels-Kanus, Jugendliche, Halbstarke, solchen Einwohnern, die mit irgend etwas gerne handeln möchten, um an Reis, Waschpulver oder was auch immer zu kommen. Und es gibt ein sehr strahlendes Gesicht bei einem jungen Mann, als er nach einem Tausch gegen eine Papaya mit einem frischen 3 Kilo schweren Thuna abzieht.
Mit ihren Holzkanus haben sie keine Möglichkeit, solch große Fische zu fangen und bringen manchmal auch gar keinen Fisch nach Hause. So ist es etwas Besonderes, so einen großen Fisch zu bekommen.
Während wir das Dorf besuchen, muss jedoch dann doch jemand an Bord der Pacifico gewesen sein. Es fehlt eine Handangelrolle und mit entsprechenden Ködern, die am Heck offen in einem Kasten gelegen hatten. Diese Erfahrung hinterlässt bei uns erstmals einen negativen Beigeschmack. Auch wenn häufig in den letzten vier Jahren hier im Pazifik unsere Boote in unserer Abwesenheit schon mal ganz und gar offen standen, ist nie etwas weggekommen.
Wir wollten ohnehin nur eine Nacht bleiben. Nun gehen wir 3 Stunden nach unserem morgendlichen Landgang bereits wieder Anker auf. Nach rund eineinhalb Stunden erreichen wir den Ankerplatz für die kommende Nacht. Die Haununu Bay ist einsam und ruhig, nur die Vögel im Dschungel, der bis hinunter zum Ufer reicht, schaffen eine vielfältige Geräuschkulisse, wie wir sie im Pazifikraum noch nicht erlebt haben. Ein einzelner Kanufahrer kommt zur Pacifico. Von ihm erfahren wir, dass sich hinter der ersten Baumreihe ein Sumpfgebiet befindet, indem sich die berüchtigten Krokodile, die ‚Salties‘, tummeln. Sehen würden wir sie ja gerne einmal. Doch letztendlich trauen wir uns nicht ohne ortskundigen Führer in das Sumpfgebiet, auch wenn es nur eine kurze Distanz vom Ufer entfernt sein soll.
Die Bucht, Hadabay, die wir am nächsten Abend erreichen, ist nirgends als Ankerplatz ausgewiesen. Um so überraschter sind wir, als wir feststellen, einen idealen, geschützten, gut Anker-haltenden Platz für die Nacht vorzufinden. Auch hier sind wir das erste Boot des Jahres. Die Kinder führen uns durch das Dorf und zeigen uns ihren Badeplatz am Fluss. Wir kommen uns mal wieder vor, wie die „Rattenfänger von Hameln“. Als ich Kekse verteile, stehen die Kinder im Kreis um mich herum und bedanken sich höflich. Das große Kind, dass sich immer wieder dazwischen drängelt, um auch einen Keks zu bekommen, wird mehrmals zum Spaß aller anderen Kinder, von mir verscheucht und aus der Reihe gewiesen. Für Hermann gibt es ja schließlich an Bord genug Kekse, die er im übrigen ohnehin nicht mag 😉
Unsere vorletzte Station vor erreichen von Honiara in ein kleiner Ankerplatz im Riff zwischen Marapa Island und dem kleinen Inselchen Tavanipupu am südöstlichen Zipfel von Guadacanal. Hier ist gerade mal Platz für zwei Boote. Für mehr Boote würde es sehr eng werden. Für mich der schönste Ankerplatz, seit wir Anfang Mai Neuseeland verlassen haben. Klares Wasser lädt zum Schwimmen ein, weiße Strände, ein bezauberndes Village am Ufer von Marapa, und auf dem Inselchen Tavanipupu ein Resort, dass deshalb berühmt ist, weil Kate und William aus GB ?? hier schon zu Gast waren.
Gleich an unserem ersten Abend können wir vom Boot aus Dugongs beobachten, ein Muttertier mit ihrem Jungen, die immer wieder kurz auftauchen.
Die Besucher mit ihren Kanus sind nett und aufmerksam. Wir kaufen einer Frau zwei Mattkrapps ab. Es hatte etwas gedauert, bevor wir das Wort richtig übersetzt haben (ins englische) und wussten, was sie uns da verkaufen wollte: mud crabs ?, also Krebse. Es ist das erste Mal, dass wir sie zubereiten und essen. Ich kann nur sagen: sehr schmackhaftes zartes Fleisch. Köstlich.
Die Einwohner von Vanuatu und den Solomonen sind dunkelhäutig mit krausen Haaren. Wer jetzt wie ich denkt, wer dunkelhäutig ist, hat schwarze Haare, befindet sich hier so dann und wann ziemlich im Irrtum. Immer wieder begegnen uns blonde „Wuschelköpfe“. Und ich bin immer noch irritiert, wenn dann dunkelhäutige blondgelockte Kindern vor mir stehen. Selbst rothaarige Menschen sind hier keine Seltenheit. Wo das wohl herkommt?
Es gibt noch einen weiteren Übernachtungsstopp bevor wir Honiara erreichen. Es ist nicht so einfach auf dieser Strecke einen brauchbaren Ankerplatz zu finden. Die erste Möglichkeit ist eine Insel, die etwa drei Meilen vor der Küste liegt. Mir ist es dort draußen unter Berücksichtigung der Wassertiefe von rund 15-20 Metern zu windig. Warum Hermann diesen Platz bei diesen Verhältnissen für sicher hält, ist mir in diesem Moment völlig schleierhaft.
In Küstennähe gibt es zwei weitere Inseln, wo vielleicht, aus meiner Sicht, eine ruhigere Ankermöglichkeit besteht. Als wir uns die letzte der drei Inseln dann anschauen, wird es vom Tageslicht her auch langsam Zeit, sich für ein Tagesziel zu entscheiden. Der Ankergrund hält nicht besonders gut, doch weht es hier deutlich weniger, als weiter draußen bei der ersten Insel. Für diese Nacht muss es gehen. Ich wundere mich, dass selbst zu dieser unbewohnten Insel Kanus von der Küste herkommen. Ich habe jedoch heute keine Lust mehr auf Smalltalk, überlasse es Hermann auf der Pacifico mit den Leuten zu reden und verziehe mich bis zum Abendessen auf der Amiga unter Deck.
Gegen 21 Uhr liege ich in meinem Bett und bin wohl auch gleich in einen Tiefschlaf, geschuldet dem schönen Segeltag, gefallen.
Doch es soll keine ruhige Nacht werden. Nach kurzer Zeit werde ich wieder wach. Völlig verschlafen realisiere ich zunächst gar nicht, was mich geweckt hat, warum es immer wieder in meiner Kabine plötzlich ganz hell wird. Es dauert, bis ich realisiere das ein Longboat längsseits an die Amiga gegangen ist, dass gerufen und gegen mein Boot getrommelt wird und immer wieder mit einer Taschenlampe in die Fenster geleuchtet wird. Es ist das erste Mal, dass ich für die Nacht das Eingangsluk geschlossen habe und nun bin ich darüber ziemlich froh. Ich öffne es und stecke meinen Kopf raus, um sehen, was die Leute von mir wollen. Es sind fünf oder sechs Männer auf dem Longboat. So genau kann ich es gar nicht sagen. Doch irgendwie fühle ich mich durch die Art und Weise und die starke männliche Präsenz in dem Moment bedroht.
Ich frage was sie wollen. Genau verstehen tue ich sie nicht. Irgend etwas wie „wer mir erlaubt hätte, hier zu ankern….. „ und „mit mir reden“ das alles ziemlich lautstark und irgendwie rabaukenhaft.
Ich fordere sie mehrfach sehr bestimmt auf umgehend von meinem Boot wegzugehen. Wenn sie etwas wollen, können sie bei Tageslicht wiederkommen. Und das ich über ihr Benehmen doch sehr verwundert bin und so etwas in der ganzen Südsee noch nicht erlebt hätte. Dreimal sagen sie zu, dass sie jetzt wegfahren und sie hätten doch nur reden wollen. Aber sie machen keine Anstalten wirklich wegzufahren.
Ich gehe wieder unter Deck und versuche jetzt die Pacifico erreichen und hoffe, dass Hermann noch wach ist oder zumindest sein Funkgerät angelassen hat. Erleichtert höre ich, dass er sofort am Funkgerät ist und die Situation schon beobachtet hat. Er wird jetzt sofort Anker aufgehen und mit der Pacifico rüber zur Amiga kommen.
Noch ein weiteres Mal rufe ich den Männern zu, sie sollen von meinem Boot weggehen. Sie sind inzwischen etwas freundlicher geworden, schließlich wollten sie ja nur reden. Eigentlich spricht nur einer von ihnen und es interessiert mich auch herzlich wenig, was er sagt. Ich will, dass sie verschwinden. Da bemerken sie die Pacifico, die mittlerweile im Anmarsch ist, starten ihren Motor und „stürmen“ auf Hermann zu. Das macht die Situation nun auch nicht gerade besser. Wer weiß was ihnen jetzt einfällt.
Nach einer kurzen Konfrontation fahren sie zu der kleinen Insel, vor der wir ankern und setzen sich dort an den Strand.
Die Pacifico geht wieder vor Anker und wir stimmen uns darüber ab, diese Nacht abwechselnd Wache zu halten. Hermann übernimmt die erste Wache.
Doch es braucht, bis ich meinen Schlaf wiederfinde. Zu aufgeregt, zu schockiert, zu viel Adrenalin.
Kurz vor 1 Uhr melde ich mich bei Hermann, um die nächste Wache zu übernehmen. Es ist alles ruhig. Bereits vor zwei Stunden sind Sie endgültig abgezogen und Hermann denkt nicht, dass sie zurückkommen werden. So lege ich mich wieder schlafen und Wache morgens völlig gerädert auf. Immer noch steckt mir der Schreck förmlich in den Gliedern.
Am frühen Nachmittag erreichen wir Honiara. Der ausgewiesene Ankerplatz ist aus meiner Sicht eine Katastrophe. Tiefes Wasser, kräftiger Wind und Schwell aus Nordosten drängt sich direkt in die in dieser Richtung offene Bucht. Außerdem ist das Ankerfeld recht klein und es liegen schon drei Boote dort.
Nachdem wir dann endlich meinen, dass wir jetzt einigermaßen en vernünftig geankert haben, paddelt Hermann erst einmal an Land, um im Yachtclub einige Erkundigungen einzuholen. Meine Laune ist auf dem Tiefpunkt. Ich mag keine schwelligen Ankerplätze und schon gar nicht, nach so einer Nacht und wenn wir dann auch noch einige Zeit hier verbringen müssen. Hermann ist dann auch noch gar nicht lange weg, da hängt nach einer Winddrehung zu allem Überfluss die Amiga direkt mit ihrem Heck vor dem Bugkorb der Pacifico. Der Wind streckt die Ankerkette immer weiter und schon höre ich, wie mein Dingi in den Heck-Davids hängend am Bugkorb der Pacifico schubbert. Gut, dass ich nicht mit an Land gegangen bin. Ich ziehe Ankerkette ein, um dort wegzukommen und um etwas Abstand zur Pacifico zu bekommen. Doch allzuviel geht nicht, denn eine Bootslänge vor der Bugkorb der Amiga hängt jetzt das schwedische Boot. Was das mit meiner ohnehin schon kräftig angeschlagenen Laune macht, brauche ich jetzt wohl nicht weiter zu beschreiben. Einigermaßen erleichtert bemerke ich, dass der Wind noch weiter dreht. Ich kann nun Anker auf gehen, komme dabei knapp an dem Schweden vorbei, obwohl ich für einen kurzen Moment schon Angst habe, dass sein Bugsprit in meine Reling haut. Doch dann bin ich frei, um einen besseren Platz finden.
Ich habe erst einmal die Nase voll und gehe bereits um 5 Uhr nachmittags zu Bett. Die Amiga schaukelt heftig im Hafenschwell, mehr als draußen auf See. Später registriere ich, wie es draußen ruhiger wird und schließlich schaukelt es nachts kaum noch. Geht doch.
Wir werden einige Zeit hier bleiben müssen, bis die nötigen Ersatzteile aus Neuseeland kommen. Dass kann schon mal mindestens zwei Wochen dauern. Lässt sich nicht ändern. Der Ankerplatz ist sicherer in Bezug auf Kriminalität als erwartet, was wahrscheinlich daran liegt, dass direkt vor uns die Polizei mit ihren Marineschiffen präsent ist.
Trotzdem verschwindet von der Pacifico in den nächsten Tagen ein Handtuch. Es ist ja nichts wirklich dramatisches. Doch haben wir angefangen, alles abzuschließen und alles unter Deck zu packen. Und ich fühle den Verlust der Leichtigkeit, der Sicherheit, der Unbefangenheit, die mich auf meiner Reise bisher begleitet haben. Auch das ist eine neue Erfahrung.
Herzlichen Dank an unser Kompetenz-Zentrum in Hamburg. Gerade jetzt, wo wir kaum noch einmal brauchbares Internet finden, ist es wunderbar wie du, lieber Henning, uns wettertechnisch, aber auch mit zusätzlichen Informationen unterstützt und uns verlässlich zur Seite stehst.