In dem Puerto Barroso warten wir auf einen günstigeren Wind. Damit ist vorerst am Sonntag zu rechnen.
Die Caleta ist ziemlich groß und hat mehrere Seitenarme. Der Zugang zum Golfo de Penas ist durch mehrere Inseln geschützt und es gibt nur eine tiefere schmale Zufahrt. Gut eine halbe Meile von uns entfernt liegt ein
toter Wal im Wasser. Ob der zum Sterben hierhergekommen ist? Wir genießen die absolute Stille hier. Es ist nichts außer dem Wind und manchmal ein paar Vogelstimmen zu hören.
Die Prognosen für Sonntag schwanken. Zunächst sieht es günstig aus, dann jedoch soll der Wind jedoch erst am Nachmittag abflauen. Wir brauchen entweder ganz wenig Wind oder Wind aus südwestlichen Richtungen. nördliche Winde würden uns nicht um die Halbinsel Tres Montes herumkommen lassen. Außerdem brauchen wir ein Zeitfenster von 36 Stunden, um von hier bis in den dann wieder geschützten Kanal Darwin zu kommen. Es wird ausdrücklich in allen Büchern davor gewarnt, bei schlechtem Wetter diese Strecke zu fahren. Starke Westwinde über den Pazifik bringen sehr hohe Wellen und ein Schiff zu nah an die Felsenklippen. Als am Sonntagmittag der Wind dann doch nachlässt, entschließen wir uns spontan es zu versuchen. Der Wind soll auf Süd-West drehen. Bis Dienstagmorgen müssen wir gemäß Wetter Grips im Kanal Darwin sein, da dann wieder Starkwinde angesagt sind. Also Zeit genug, um vor dem Tief am Dienstag wieder in einer geschützten Region zu sein. Wir fahren an der windgeschützten Ostseite der Halbinsel entlang. Es ist sonnig und das Wasser trotz des Windes des vergangenen Tages ruhig. Auch ein Fischer ist heute, am Sonntag, vor der Halbinsel unterwegs. An der Küste sehen wir zwei weitere tote Wale. Vielleicht kommen sie doch zum Sterben hierher? Und die Sonne malt einen flachen Regenbogen über die Küste. Nicht höher als die Berge der Halbinsel endet er gut sichtbar an den Stränden und Klippen. Unterwegs durch Feuerland und Patagonien haben wir immer wieder wunderschöne Regenbogen gesehen – manchmal so stark leuchtend, dass sie plastisch wirkten oder manchmal sogar in die Tiefe des Wassers griffen. Unglaublich farbenreich, schön und wunderbar.
Wir müssen zunächst 10 bis 20 Meilen südwärts segeln, um einen guten Winkel zu bekommen, damit wir dann nordwärts auf dem Pazifik an der Halbinsel vorbeikommen. Aus dem Windschatten der Halbinsel heraus, wird das Wasser dann doch bewegter. Der Wind nimmt wieder zu. Die Wellen sind mittlerweile so zwei bis zweieinhalb Meter hoch. Aus der Windrichtung sehen wir immer wieder graue Wetterwände auf uns zu kommen. Sie bringen Wind und Regen und es wird immer ungemütlicher. Keine angenehmen Aussichten für die lange Nacht, die wir vor uns haben. Jede Regenwand bringt noch mehr Wind und peitscht die Wellen noch höher. Nach drei Stunden liegt die Windgeschwindigkeit in den Böen mal wieder bei 30 Knoten und die Wellen bei dreieinhalb bis vier Meter. PACIFICO schlägt hart auf eine Welle, die das ganze Boot erschüttert. Wir sehen uns kurz an, bevor der Blick übers Boot geht, ob noch alles dran ist. Immer noch warten wir darauf, dass der Wind, wie angesagt, nun endlich weniger wird. Als wir die südliche Spitze der Halbinsel in unserer Höhe haben, wenden wir Richtung Nord-West. Aber Wind und Welle lässt den Versuch am Wind zu segeln zum Kraftakt werden. So können wir unmöglich die Nacht durchsegeln. Kurzentschlossen ändern wir unseren Kurs und es geht zurück in Richtung Puerto Barroso, wohl wissend, dass wir dort nun vor Freitag nicht mehr wegkommen werden.
Was macht man nun mit so einer Zwangspause? Wie verbringt man die Schlechtwettertage, wo auch ein Landgang nicht gerade einladend ist? Kino und Pizza-Service?! Jepp. Wir machen es uns im Bett bequem, da die Heizung dann doch wieder streikt und sehen die mitgebrachten DVDs bei einer lecker selbstgemachten Pizza. Was will man mehr?
Und am Freitag sind die Aussichten dann tatsächlich gut. Zumindest der Wind soll mitspielen. Die Welle, die der Starkwind auf dem Pazifik hinterlassen hat, soll immer noch um die 5 m sein. Sobald es hell wird, geht es endlich wieder los. Und der Wind spielt mit! Nachdem wir zunächst mehr Richtung Süd-Ost gesegelt sind, dreht er und wir können wenden. Westlich kommen wir gut voran. Die Dünung wird immer höher, je weiter wir auf den Pazifik kommen. So hoch, dass aus jedem Wellental die Küste mit ihren Bergen nicht mehr zu sehen ist. Aber die Dünung ist langgezogen und nicht so kurz und aufgewühlt, wie die Wellen des vergangenen Sonntages. Kurz bevor es dunkel wird, sind wir 10 Meilen von der Küste entfernt in Höhe des Cabo Raper, dem westlichsten Punkt der Halbinsel Tres Montes. Nun können wir den Kurs für die Nacht Richtung Norden festlegen. Der Wind bleibt unter 18 Knoten, dreht zwar immer mal wieder, bleibt aber in den Richtungen für uns günstig. Wenn der Mond aus den Wolken hervortritt, wird es plötzlich so hell, als hätte man ein Nachtlicht angeschaltet. Es ist wunderbar ruhig. Der Sternenhimmel über uns zeigt das Kreuz des Südens. An unserer Route sind nächtliche Fischerboote und Frachtschiffe auf ihrem Weg nach Süden unterwegs. Je weiter wir nach Norden kommen, je mehr Schiffe werden uns jetzt begegnen.
Am Samstagmittag haben wir dann die rund 150 Seemeilen bis zur Einfahrt in den Kanal Darwin geschafft. Bei strahlendem Sonnenschein nehmen wir die veränderte Landschaft wahr. Waren die Berge und Inseln an der Pazifikküste im Süden kahl und schroff, so ist hier alles grün und mit einer dichten Urwaldlandschaft bewachsen. Im Sonnenschein wollen wir versuchen Kelb, dieser hier so verbreiteten Wasserpflanze, und die großen skurril geformten weißen Quallen im Wasser zu fotografieren. Dazu fahren wir langsamer und auch mal im Kreis, stoppen auf. Plötzlich geht der Motor aus. Beim Neustart springt er nur zögerlich an, stottert und hört sich gequält an. Bereits in der Nacht hatte er einen kurzen Aussetzer gehabt, war dann aber ruhig weitergelaufen. Der erste Gedanke „Gott sei Dank ist das nicht heute Nacht auf dem Pazifik passiert!“ Der Motor bekommt scheinbar nicht genügend Kraftstoff, obwohl der Tank noch nicht leer sein kann. Wir wechseln, während der Motor (Yan) läuft, auf das zweite Filtersystem. Danach läuft „Yan“ wieder ruhig und kraftvoll wie gewohnt. Wenig später ankern wir in einer Bucht der Isla Marcacci, um hier für die Nacht zu bleiben. Als erstes schauen wir nach dem Filter. Wasser oder Dreck? Irgendetwas davon war im Diesel. Wasser ist es, wie es aussieht, nicht. Also Dreck. Und wir vermuten, dass das an dem Diesel von Puerto Eden liegen könnte. Da der Tank durch den Seegang auf dem Pazifik ständig in Bewegung war, werden die Unreinheiten aufgewühlt worden sein und den Filter und damit den Kraftstoffzufluss verstopft haben. Das heißt, wir werden in Puerto Montt den Tank reinigen müssen und natürlich auch die Kanister, in denen weitere 120 Liter aus Puerto Eden lagern.
Was haben alle „Yachties“ der Welt gemeinsam???? Sie pflegen, warten und reparieren ihre Boote an den schönsten Plätzen der Welt.