Nachdem wir am Montag einklariert haben, finden wir eine freie Mooring vor dem Aquarium Café. Bevor wir uns den Ort und die Einkaufsmöglichkeiten ansehen, machen wir uns also erst einmal auf den Weg, den Eigentümer der Boje, an der wir festgemacht haben, zu finden. An der dritten Stelle sind wir dann richtig und haben offenbar Glück. Nicht
nur, dass wir in unmittelbarer Ufernähe liegen, nein, wir haben auch die günstigste Mooring erwischt. Die Liegeplätze kosten in der Regel zwischen 13 bis 15 Tonga-Dollar. Wir zahlen weniger und freuen uns.
Der Ort hat neben der Markthalle, wo täglich frisches Obst und Gemüse verkauft wird, hauptsächlich chinesische Gemischtwarengeschäfte mit wenig Auswahl an Lebensmitteln. Für uns nicht weiter dramatisch, denn wir haben genügend Vorräte an Bord für die nächsten Wochen und die Reise nach Neuseeland. Unsere Vorräte werden wir, soweit es geht, verbrauchen, um so wenig wie möglich an Bord zu haben, wenn wir in Neuseeland einreisen. Wir sind zu dem Schluss gekommen, je weniger an Bord, je weniger Diskussion und Probleme mit den neuseeländischen Behörden.
Die Atmosphäre und die Menschen hier sind sehr freundlich. Die Menschen grüßen und sind sehr hilfsbereit. Etwas ungewohnt ist das Bild der Männer in ihren langen Röcken, häufig über dem Rock noch eine Art Bastmatte um ihren Bauch gewickelt. Bedeckte Schultern und nicht zu kurze Röcke oder bedeckte Beine in der Öffentlichkeit sind für Frauen ein „muss“. Selbstverständlich halten auch wir uns daran.
Eine der beiden Kirchen thront mit mehreren Nebengebäuden, weithin sichtbar, auf einem großen Gelände über dem Ort. Die weißen, rot abgesetzten Gebäude, im Kolonialstil, prägen das Ortsbild und wohl auch das Leben der Menschen hier. Sonntags haben alle Geschäfte geschlossen. Auch Cafés und Restaurants haben zumindest eingeschränkte Öffnungszeiten an diesem Tag. Auch in der Woche hören wir morgens gegen 5.30 h die Kirchenglocken und kurz nach 6:00 h weht Chorgesang zu uns herüber.
Am Uferstreifen sind diverse kleine Stege und Festmachmöglichkeiten für die Dingis, Charter- und Ausflugsboote. Die Yachties machen direkt vor dem Café fest, dass sie besuchen wollen. Überhaupt ist hier sehr vieles auf den Segeltourismus ausgelegt. Es gibt ein gut ausgebautes Funknetz für die gesamte Vava’u Gruppe (nördlichste Inselgruppe, die zu Tonga gehört). Über den Kanal 26 werden jeden Morgen die aktuellen Wetterinformationen verbreitet, man hat die Möglichkeit nach Kontakten zu fragen nach dem Motto „ich suche, wer kann helfen“ und es gibt Informationen zu Veranstaltungen und so dies und das. In den Cafés wird fast immer WiFi angeboten, meist kostenfrei. Überall trifft man Segler, die freundlich grüßen oder für einen kleinen Schwatz stehen bleiben. In dieser Beziehung ist es hier völlig anders, als wir es bisher kennen gelernt haben.
Auch wir nutzen die Angebote hier und gehen beispielsweise abends ins Mango, um einen Film zu sehen. Bei dem Film geht es selbstverständlich ums segeln. Es ist eine Dokumentation von traditionell gebauten Holzkataramen die von Neuseeland aus durch den Pazifik nach San Francisco und über Mexico zurück bis zu den Marquesas segeln. Die Reise soll ein Zeichen zur Verbindung von Tradition und Moderne, Umweltschutz und Erhalt der Traditionen sein, soweit wir es verstehen. Die Aufnahmen sind auf jeden Fall recht beeindruckend und fesselnd auch für Nichtsegler.
Am Dienstag und am Mittwoch treffen dann auch die Meerbaer und die Walkabout ein, sodass wir am Donnerstag dann auch gemeinsam Annes Geburtstag nachfeiern können. Der Donnerstag ist übrigens ein Feiertag, an dem dann auch einige Geschäfte geschlossen haben: Geburtstag des Kronprinzen des Königreiches Tonga.
Ein Thema an diesem Abend ist natürlich auch die Tsunami Warnung des Tages. Den ganzen Tag wurden bereits über Funk die Warnungen durchgegeben und aktualisiert. In der Nacht zum Freitag soll die Welle, ausgelöst durch ein Beben vor Chile mit einem Wert der Richterskala von 8.3, auch Vava’u erreichen. Natürlich sorgt die Warnung unter den Seglern für einige Aufregung. Wir sind jedoch entspannt. Die Welle soll nur noch mit 0,30 bis 1,00 m Höhe unterwegs sein, wenn sie uns erreicht. Zudem kommt sie von Osten und die Bucht und vorgelagerte Inseln ist nur nach Westen geöffnet. Wir werden wahrscheinlich gar nichts von der Welle bemerken, zumal zur Ankunftszeit Niedrigwasser ist und sie weniger ausmacht, als die normale Hochwasserhöhe. So ist es dann auch. Wir verschlafen den Tsunami.
Am Freitag erwacht die kleine Stadt Neiafu richtig zum Leben. Schon als wir zur Wäscherei gehen, wird uns gesagt: „heute trägt man rot!“ Es geht um Rugby. Am Wochenende spielt Tonga und der ganze Ort feiert mit Umzügen und Musik durch die Straßen das Spiel, dass am Samstagmorgen stattfinden wird. Wer hat trägt ein rotes T-Shirt, Rock, Kleid oder Hose. Manchmal auch alles zusammen. Auch rote Abendkleider sind dabei. Es ist schon ein buntes Bild, dass sich uns da bietet, und die Lebensfreude der Menschen an diesem Tag ist absolut ansteckend. Wir treffen uns am Abend zur Happy Hour im Aquarium Café mit vielen deutschsprachigen Seglern, die hier vor Anker liegen. Es gibt viel zu erzählen und zu hören. Auch von dem gesunkenen Segelboot ist die Rede. Der Einhandsegler wurde an diesem Morgen von einem einheimischen Ausflugboot auf den Klippen sitzend entdeckt und dann gerettet. Von dem Segelboot soll nur die Mastspitze zu sehen gewesen sein. Es heißt, er sei seekrank gewesen und war eingeschlafen, als sein Boot auf die Felsen aufgelaufen ist. Nun werden Sammlungen für ihn veranstaltet, weil er alles verloren hat. So gibt viele interessante Gespräche, bei denen wir die andren näher kennen lernen. Kein Wunder, dass es dann schon spät ist, bis wir zur PACIFICO zurückkehren.
Das Wetter meint es nicht gut mit uns. Die ganze Woche über ist es schon sehr wechselhaft. Immer wieder regnet es. Der Wind draußen auf dem Pacific soll mit 25 Knoten wehen. Hier in der Bucht merken wir zwar nichts davon, doch sind die Wettervorhersagen der Grund, warum wir uns erst am Samstag auf den Weg machen, diese Inselwelt weiter zu erkunden. Es gibt Unmengen von Ankermöglichkeiten in den Buchten, die wir für uns entdecken wollen. Und vielleicht finden wir ja auch mal wieder ein Plätzchen, wo wir ganz allein und völlig ungestört ankern, möglichst noch an einem schönen Strand.