„Da hat jemand vergessen das Licht auszumachen!“ Was meint Hermann nur? Die Sonne scheint, weit und breit kein anderes Boot, nur Wasser und Inseln ohne Häuser. Aber dann ist es auch schon klar, was gemeint ist.
Nachdem wir in der letzten Nacht auf dem Ankerplatz 11 (diverse Ankerplätze sind in der Karte für die Yacht-Charterer als Hilfestellung und Führung nummeriert) eine ruhige Nacht
an einer Mooring verbracht haben, fahren wir jetzt weiter Richtung Osten. Unser Ziel ist Kenutu Island, die zur östlichsten Inselkette von Vava’u gehört. Wir müssen besonders aufpassen, weil jetzt fast Ebbe ist und sehr viele Riffe in diesem Gebiet liegen. Mittendrin plötzlich eine Sandbank, die aussieht wie ein weißer Sandhaufen. Weiter draußen schützt ein langes Riff vor dem Pacific-Schwell. Die in der Sonne leuchtenden Farben des Meeres von einem tiefen smaragd bis zu einem hellem türkisgrün strahlen so kräftig, dass es wirkt, als wäre die Lagune hell erleuchtet. Ein fantastisches Farbenspiel, dass das Farbspektrum unseres Fotoapparates einfach überfordert.
Wir manövrieren durch die Riffe und Untiefen bis zur Insel Kenutu und ankern so nah wie möglich am Strand. Obwohl die Insel unbewohnt ist, herrscht dort doch etwas Betrieb. Die ‚Whalesong‘, ein tongaisches Motorboot, scheint dort mit Ausflüglern zu sein, ebenso zwei weitere kleinere Motorboote und etwas näher an unsrem Ankerplatz befindet sich am Strand ein Fischercamp.
Das große Riff im Süden der Insel ist auch bei Niedrigwasser überspült, sodass wir es mit dem Kajak erkunden. In dem flachen Wasser sehen wir Massen von Seegurken, viele blaue Seesterne, kleine Tropenfische und aufgescheuchte Fischschwärme die fluchtartig unter dem Kajak hindurch huschen. Unterwasserwelt erleben ohne nass zu werden
Doch den Badespaß im warmen Meer lassen wir uns natürlich auch nicht nehmen.
Da das Kajak schon einmal im Wasser ist, nutzten wir auch die Gelegenheit um die Wasserlinie, die schon wieder leichten grünen Algenflaum hat, zu reinigen. Und auch das Gasflaschenfach, das jetzt ja keine rostigen Eisenflaschen mehr beherbergen muss, weil es mit den neuen Aluminiumflaschen bestückt ist, wird gründlich gereinigt. Das lockt einen neugierigen Besucher an. Eine schwarz-weiß geringelte Seeschlange. Da hier für sie nichts zu holen ist, ist sie dann auch schnell wieder verschwunden. Leider – oder Gott sein Dank? – taucht sie auch die nächsten Tage nicht mehr auf.
Wir lesen nach, dass diese Schlangenart ziemlich giftig ist. Für den Menschen soll sie insofern ungefährlich sein, als das ihr Maul zu klein ist, um direkt zuzubeißen. Einigermaßen beruhigend. Im Übrigen hat sie wahrscheinlich im Zweifel mehr Angst als wir
Die Tage vergehen wie im Fluge, da, wie immer, verschiedene kleine Arbeiten anfallen. Und da wir uns doch ziemlich allein fühlen, drehen wir auch schon mal stimmungsvoll die Bordmusik lauter. Wir sind schon ziemlich überrascht, als dann die ‚Whalesong‘, die offenbar täglich hierherkommt, auf uns zufährt und die beiden Tongaer uns bitten, die Musik doch leiser zu machen. So weit, wie sie von uns entfernt waren, dürften sie doch eigentlich kaum etwas gehört haben, geschweige denn sich gestört fühlen? Zur Begründung heißt es, das dort am Strand ein Film gedreht wird.
Ein Film. Hier in Tonga. Das kann nichts Großes sein, der Ausstattung nach zu urteilen, die wir mit dem Fernglas sehen können. Also muss mal wieder Google ran und Auskunft geben, was hier los ist. ‚Tonga‘ und ‚Movie‘ als Stichworte bescheren uns ein paar Filme mit durchaus bekannten Schauspielern. Nur die wurden hier schon vor etlichen Jahren gedreht und sind nicht gerade aktuell.
Am nächsten Tag ankert die ‚Whalesong‘ in unsrer Nähe am Strand, nachdem sie das Filmteam, wie wir jetzt wissen, am anderen Ende der Insel abgesetzt haben. Jetzt erfahren wir, dass es sich um ein deutsches Team handelt. Mit dieser zusätzlichen Information eröffnet uns Google, dass hier der Film ‚Paradise‘ im Auftrag von ZDF und ARTE gedreht wird. Die Ausstrahlung erfolgt voraussichtlich in 2017 abends gegen 23.00 Uhr im Rahmen des kleinen Fernsehspiels. Interessant. Jetzt wissen wir auch, dass die Gruppe Deutscher, die wir am ersten Tag in Neiafu im Tropicana gesehen haben, keine Reisegruppe war, sondern eben das Filmteam, dass hier am Strand dreht.
Und wir erfahren auch, dass das Team drei Monate hier vor Ort ist, wovon fünf Wochen reine Dreharbeiten waren. Mitwirkende sind zwei deutsche Schauspieler und ansonsten Tongaer.
Nach drei wunderschönen Tagen hier, denken wir, es ist an der Zeit weiter zu fahren. Also zurück nach Neiafu um die Unterlagen für Fidschi zu besorgen, noch einmal die Wäsche in die Wäscherei zu geben, Einkäufe zu erledigen und ausklarieren nach Niuatoputapu, der nördlichsten Insel von Tonga. Für uns wird die Insel ein Zwischenstopp auf dem Weg nach Western Samoa sein.
Manchmal wundert man sich. Ausklarieren heißt, die Gebühren für die Liegezeit in Vava’u beim Hafenmeister bezahlen und sich beim Customs abmelden. Der Customer lässt sich dann von uns auch die Quittung zeigen, dass wir beim Hafenmeister bezahlt haben. Als wir dort die Unterlagen zum Schluss wieder einpacken, sehen wir, dass wir versehentlich die Quittung vom letzten Jahr gezeigt haben. Dem netten Zollbeamten ist das nicht aufgefallen
Die Unterlagen für Voranmeldung in Fidschi, die über Internet erfolgen muss, erhalten wir im Tropicana von dem immer noch (oder schon wieder?) völlig gestresstem Greg. Er druckt die neun Seiten aus und bietet auch an, nachdem wir alles ausgefüllt haben, noch einmal drüber zu schauen, ob wir es richtiggemacht haben. Gestresst, aber trotzdem immer hilfsbereit
Die MOANA ist auch an diesem Wochenende noch einmal in Neiafu. Sie wollen jetzt weiter nach Fidschi. Für sie ist die Zeit fast zu Ende. Mitte Juli kehren sie in die Schweiz zurück. Es sieht so aus, als wenn sie jemanden gefunden haben, der das Boot dann am Ende der Saison nach Neuseeland bringen wird.
Weitere Boote treffen jetzt in Neiafu ein. Doch wir werden den wirklichen Saisonstart hier nicht erleben. Für uns geht es morgen früh weiter. Wir sind gespannt, wie es in Samoa sein wird, von dem wir nun schon einiges von anderen Seglern gehört haben.