Wir sind wieder unterwegs. Durch den fast achterlichen Wind rollt PACIFICO ziemlich und schüttelt uns durch, doch wir kommen sehr gut voran. Der Wind bläst mit 20 bis 25 Knoten aus Südost, was sich auch in der gesamten nächsten Woche nicht ändern wird. In der letzten Nacht mussten wir uns erst wieder an das unruhige Bett und den Schlaf-Wach-Rhythmus gewöhnen. Aber so ist es eben. Wir kommen zu dem Schluss, das
längere Strecken so gesehen einfacher sind und die Nächte weniger anstrengend, als Kurzstrecken über zwei Nächte. Hermann macht die Nachtwachen nach wie vor allein. Wenn dann noch Fischerboote unseren Weg in der Nacht kreuzen, der Wind nicht konstant genug ist und die Route an Riffen vorbeiführt ist an Schlaf kaum zu denken. Und die fehlende Nachtruhe kann am folgenden Tag dann auch kaum aufgeholt werden.
Die Angel hängt wieder draußen. Wir hätten gerne zur Ergänzung unseres Speiseplans einen MahiMahi. Aber irgendwie mögen uns diese Fische dieses Jahr nicht.
Unser Angelerfolg besteht heute aus zwei Barrakudas und zwei großen Bonitos. Die beiden Barrakudas gehen lebend wieder ins Wasser. Der Fisch soll nicht besonders schmackhaft sein und außerdem riecht er sehr nach Fisch. Wenn ein Barrakuda an der Angel hängt, ist er kaum aus dem Wasser, da ist er schon riechen. Die anderen Fische riechen nach Tagen noch nicht. Über die beiden großen Bonitos freuen sich am nächsten Tag auf Wallis die Crew der Aorie, Tahiti, und eine Familie, die in der Gahi Ankerbucht wohnt. Hermann geht einfach zu der vor dem Haus sitzenden Familie und fragt, ob sie Fisch möchten. Nein, sie möchten keinen. Erst als er klarmacht, dass wir kein Geld dafür möchten, nehmen sie das Angebot gerne an. Doch auch wir werden im Gegenzug von ihnen dann gastfreundlich beschenkt mit Bananen und Yamswurzeln aus dem eigenen Garten.
Yamswurzeln sind für uns neu. Wir bereiten Sie zu wie Tapioka, also kochen, trocknen und dann in der Pfanne braten. Die Konsistenz ist leichter und mehliger als Tapioka und hat unserer Meinung nach auch weniger Geschmack. Wir entscheiden uns zukünftig bei Tapioka zu bleiben. Geschmacksache eben
Am frühen Samstagmorgen erreichen wir den Kanal, der durch das Riff in die Lagune der Iles Wallis führt. Der Kanal ist mit 150 Meter nicht so besonders breit und kann, bei sich gegen die Tide aufbauenden Wellen, wohl schon mal recht ungemütlich werden. Doch wir kommen zu einer guten Zeit an. Es flutet noch und die Tide ist kurz vor dem Stillstand. Die Seezeichen müssen wir mal wieder suchen. Die beleuchteten Backbordtonnen sind zwar gut zu sehen, doch finden wir die Peilmarken nicht. So fahren wir wieder nach dem Plotter, denn die Seekarten stimmen hier sehr gut. Zur Hauptstadt Mata Utu benötigen wie dann noch über eine Stunde, trotz guten Windes. Dort angekommen, ist es unmöglich ruhig zu ankern. Der Wind fegt über die Lagune und bringt das Wasser in Aufruhr. Trotzdem liegt dort ein Kat aus Cannes vor Anker. Das Boot schaukelt in den rauen Bedingungen beständig hin und her. Darauf haben wir nun gar keine Lust. Also den Weg, den wir gekommen sind, wieder ein Stück zurück und in die Gahi Bucht, die als ruhiger Ankerplatz ausgewiesen ist. Es ist dort zwar auch windig, was uns die Mücken vom Leib hält, das Wasser ist hier doch sehr viel ruhiger als vor Mata Utu.
Aus Hamburg erfahren wir, dass wir vor der Vincent St. Pauls Kirche ankern. Aha! Unser Kompetenz-Centrum hat uns hier über AIS also auf dem Schirm. Man merkt, wir sind mal wieder in „Europa“. Wallis und Futuna werden, wie Französisch-Polynesien, von Frankreich verwaltet. Sogar die Währung ist hier die gleiche wie in Polynesien.
In Samoa hatte uns der Besitzer des Vai Moana Resort erzählt, man hätte Nonnen von Samoa nach Wallis entsandt zur Missionierung der Inseln. „Aber die sprechen dort immer noch Französisch und kein Englisch!!!“ war sein abschließender Kommentar zu seiner Geschichte
Wir machen uns an Land auf den Weg zurück nach Mata Utu, um dort einzuklarieren. Es ist drückend heiß auf der Straße, die durch eine üppige grüne Landschaft vorbei an Kirchen und kleinen Dörfern führt. Kein kühlender Seewind erreicht uns hier. So sind wir ganz froh, dass uns ein Auto mitnimmt und wir die 8 Kilometer nicht laufen müssen. Überhaupt funktioniert es hier mit dem per Anhalter fahren sehr gut, wie wir feststellen. Und meistens bringen uns die Leute genau dorthin, wohin wir möchten, auch wenn es für sie ein Umweg ist.
Der Zoll hat am Samstag geschlossen, doch bei der Gendarmerie bekommen wir unseren Stempel in den Pass. Vom Chief werden wir mit Handschlag begrüßt. Er spricht deutsch mit uns. Schließlich war sein Bruder mal in Hamburg zur Ausbildung und ihm selbst hat es auf der Reeperbahn besonders gut gefallen
Nun sind wir also offiziell eingereist und können uns frei bewegen. Wir machen einen kurzen Rundgang durch Mata Utu. Der Ort, der sich, wie wir später erfahren aus mehreren Dörfer zusammensetzt, wirkt etwas verlassen. Viele Gebäude stehen leer oder sind über den Rohbau nicht hinausgekommen. Leerstehende Geschäfte und Restaurants zeugen davon, dass hier wohl einmal ein belebtes Ortszentrum entstehen sollte. Vielleicht sind die Menschen wieder weggezogen oder es hat auch möglicherweise nie genügend Menschen hier gegeben, um diese Geschäfte zu beleben.
Doch nun wollen wir erst einmal einkaufen. Wir sind schon ganz gespannt was es hier so zu kaufen gibt. So sehr groß ist Wallis ja nicht und es liegt auch ziemlich abseits. Die Frau, die uns mit hierher genommen hat, empfiehlt den Supermarkt in der Nähe der Gendarmerie als beste Einkaufsmöglichkeit.
Es ist ein relativ großer Supermarkt mit einem guten, überwiegend europäischen, Angebot und sogar einem richtigen Obst und Gemüsestand. Vieles was hier angeboten wird, ist mit dem Flugzeug gebracht worden, wie beispielsweise die neuseeländischen Tomaten. Die kosten dann allerdings auch rund 2.000 polynesische Franc das Kilo, also rund 17 Euro. Gekauft werden sie trotzdem. Wir wundern uns nicht so sehr, da wir vorher darüber gelesen haben. Rund Dreiviertel der Arbeitsplätze sind der französischen Regierung zuzuordnen. Die Arbeitnehmer aus Frankreich verdienen hier, laut unserem Südsee-Buch, das dreifache von dem, was sie zu Hause verdienen. Und das steuer- und sozialversicherungsfrei. Damit lässt es sich leben, doch entsprechend hoch sind hierdurch eben die Verkaufspreise in den Geschäften. Das meiste ist jedoch nicht so überteuert wie die Tomaten.
Einkaufen wie in Frankreich. Wir kaufen uns Foie Gras, frisches Baguette und dazu einen leckeren Sauternes. Voller Vorfreude geht es zurück an Bord. Hier wird zunächst der Wein gekühlt, dann das beste Geschirr mit Goldrand herausgeholt, der Cockpit Tisch eingedeckt und nun genießen wir mit allen Sinnen diesen köstlichen Gaumenschmaus im Licht der untergehenden Sonne. Kaum zu beschreiben, welch ein Luxusgefühl diese Gaumenfreuden bei uns auslösen an diesem entfernten Ort im Pacific.
Am Montag ist das Zollbüro wieder geöffnet. Also fahren wir wieder per Anhalter nach Mata Utu und werden auch direkt bei der Duane auf dem Pier abgesetzt. Wir haben uns überlegt bis Mittwoch zu bleiben, dann weiter nach Futuna zu fahren und von dort dann am Samstag nach Fidschi zu segeln. Wir wollen auf Fidschi nicht am Wochenende ankommen. Das würde teuer werden, weil dort für Samstag und Sonntag hohe Overtime Gebühren berechnet werden.
Die Behörden machen auch gleich die Ausreisepapiere fertig, damit wir nicht noch einmal wiederkommen müssen. Sehr entgegenkommend und unkompliziert.
Vor dem Supermarkt werden wir von einem Franzosen angesprochen. Fremde sind hier eher selten. Er heißt Christian und betreibt hier ein Hotel. Und er war auch einmal Segler. Offenbar sind wir im sympathisch, denn kurzentschlossen lädt er uns zum einem Drink in seinem Hotel ein.
Zu einem kaltem Bier werden uns hauchdünne, noch warme Brotfrucht-Chips serviert aus der eigenen Herstellung. Die dünnen Scheiben werden zweimal frittiert, damit sie so knusperig gelingen. Von Christian erfahren wir, dass es hier eigentlich keine Touristen gibt. Und Segelboote kommen im Jahr auch nur vier bis fünf. Seine Hotelgäste sind in der Regel Geschäftsreisende und andere Berufstätige, die die Insel besuchen. Aber hauptsächlich gehen die Gesprächsthemen ums Segeln, wie sollte es anders sein.
Als es Zeit für uns wird zu gehen, fährt uns Christian selbstverständlich zurück ins Ortszentrum. Zu Fuß gehen hier offenbar die wenigsten.
Auf dem Heimweg kaufen wir noch einmal im Supermarkt ein. Diesmal ist auch ein ganz einfaches Glas Apfelmus dabei. In der Südsee eine Rarität und ein Gaumengenuss der ganz anderen Art. Als Kind konnte meine Mutter mir keine größere Freude machen, als mir einen Pfannkuchen mit Apfelmus zu servieren. Noch heute empfinde ich das gleiche kindliche Vergnügen daran. Wenn es bei Hermann zum Frühstück Spiegelei mit Tomaten und Zwiebelringen gibt, mache ich mir einen Pfannkuchen. Und jetzt sogar mit Apfelmus. Wunderbar
Die letzte Nacht in Wallis verbringen wir vor einem der Motus und Riffe, die die leuchtend blaue Lagune vor dem Pacific-Schwell schützen. Zur Ausfahrt sind es hier nur noch zwei Meilen. Eine kurze Strecke, denn wir müssen morgens wegen der Tide vor 8.30 Uhr durch den Kanal hindurch sein, wollen wir nicht hohe Wellen und Gegenströmung riskieren. Es wird eine unruhige Nacht, gestört durch unseren Ankeralarm. Sind wir ins driften gekommen? Hält der Anker trotz sorgfältiger Prüfung nun doch nicht? In der Dunkelheit ist es schwer zu erkennen. Dann stellen wir fest, dass der Wind um fast 90° auf Nord gedreht hat. Haben wir irgendwelche Steine übersehen, die hier im Übergang zum flachen Wasser bis kurz unter die Wasseroberfläche reichen? Wir sind beunruhigt und sitzen in dieser Nacht eine ganze Weile im Cockpit, um unsere Situation zu beobachten. Letztendlich kommen wir zu dem Schluss, das wohl doch alles in Ordnung ist und keine Gefahr droht. Also gehen wir wieder schlafen. Doch die Unruhe bleibt, bis wir morgens aufstehen und uns segelfertig machen. Der Anker hat gehalten. Alles ist gut.
Um nicht zu früh in Futuna anzukommen, fahren wir mit stark gerefften Segeln und verlängern die Route in dem wir einem Bogen in Richtung Süden machen. Am Donnerstag, im frühen Morgenlicht, gleitet die PACIFICO zwischen der Ile Futuna und Ile Alofi hindurch. Zwei doch eher sehr kleine, felsige Inseln hier im Pacific, die von einem dichten grünen Dschungel überwachsen sind. Wir ankern in der einzigen Möglichkeit in Futuna, einer kleinen Bucht an der Westseite der Insel vor dem Hauptort Leava. Seezeichen für diese Bucht sind auf der Karte nicht eingezeichnet. Umso mehr verwundert es uns, dass es neben beleuchteten Tonnen sogar zwei Peilmarken mit nachts blauem Licht gibt, um die Bucht anzufahren.
In dem kleinen Ort gibt es nicht viel zu sehen. Genau wie Wallis ist auch Futuna nicht für den Tourismus erschlossen. Doch sind hier die Straßen sehr viel schlechter und es wirkt ungepflegter und unbewohnter als in Wallis. Nach dem ein- und ausklarieren (auch hier können wir gleich beides machen) gehen wir in den Supermarkt. Das Angebot ist relativ gut, jedoch sehr viel weniger reichhaltig als in Wallis. In einem Kühlschrank sehen wir hinter der Glasscheibe ein nur sehr kleines Angebot an Obst (Orangen und Birnen) und kein Gemüse. Nun, wir ja haben noch etwas an Bord und Montag sind wir ja auch schon in Fidschi. Bis dahin wird unser begrenzter Vorrat an Obst und Gemüse schon reichen.
Das einzig erstaunliche hier, ist das Angebot an Champagner und Wein. Auf Wallis gab ein gut sortiertes Weinangebot. Hier ist das Angebot etwas weniger gut sortiert, dafür sind die Flaschen größer. Neben Drei- und Fünf-Liter-Flaschen Wein in unterschiedlichen Qualitäten werden auch jeweils eine 12 und 15-Liter-Flasche Champagner angeboten zum Preis von umgerechnet rund 2.000 Euro. Das finden wir schon ziemlich beeindruckend, da die Flaschen sicherlich auch verkauft werden. Ist das hier das Highlight der Freizeitgestaltung???
Wir sehen uns den Rest der Insel nicht mehr an und genießen stattdessen eine entspannte Zeit bis zur Abfahrt am Samstagvormittag. Am Freitag gesellt sich die Aorie aus Tahiti noch dazu und geht neben uns vor Anker. Wenn nur maximal fünf Boote diese Inseln im Jahr besuchen, ist das Limit mit uns schon fast erreicht
Wie bedauern es nicht, auf unserem Weg von Samoa nach Fidschi auch die beiden Inseln Wallis und Futuna besucht zu haben. Eine Woche waren wir mal wieder in Frankreich. Doch finden wir diese Zeit auch mehr als ausreichend. Wir hätten auch bereits ein oder zwei Tage früher unsere Weiterreise angetreten, hätte es mit der zeitlich entsprechenden Ankunft, also eben nicht am Wochenende, in Fidschi gepasst.