Solomonen – Liapari – vom 3.2. bis 20.2.2020

Wenn man in den Solomonen in der Regenzeit mit seinem Boot irgendwo gut aufgehoben ist, dann hier in Liapari. Die kleine Marina, die Noel hier schon seit über 20 Jahren betreibt, ist wirklich nett. Und wenn einem irgendwo in den Solomonen geholfen werden kann, dann eben auch hier in seiner kleinen Werft. 


Nachdem ich ein erstes angenehmes Ankunfts-Wochenende genossen habe, geht es am Montag gleich an die Arbeit. Also eigentlich mehr, ich lasse arbeiten.
Schon im November hatte ich mit Noel besprochen, dass ich einiges machen lassen möchte und ihn auch vor meiner Ankunft daran noch einmal erinnert. Und ich muss sagen, das klappt alles genauso zuverlässig wie mit der der Lebensmittelbestellung, die ich von Deutschland aus für meine Ankunft aufgegeben hatte.



Das Steuerrad im Cockpit wird ausgetauscht gegen das neue und kleinere, dass ich mitgebracht habe. Und was nicht passt, wird professionell passend gemacht.


Die Halterung für den neuen Tisch wird aus verschiedenen Teilen, die Hermann noch in Deutschland für mich zusammengestellt hatte, zusammengeschweißt. Als es mit der angestrebten Lösung nicht funktioniert, finden wir gemeinsam eine gute Alternative, mit der ich absolut glücklich bin. 
Unter und neben der Ankerwinsch hatte das Deck drei kleine 1Cent-grosse Löcher. Es war schlicht durchgerostet. Grund genug für mich, nachdem ich die Löcher während der Saison mit Kunststoff abgedichtet hatte, den gesamten Bereich ausschneiden und eine neue Stahlplatte einschweissen zu lassen. Richtig entsetzt bin ich dann allerdings, als Peter die Fläche gereinigt hat und unter einer weiteren Kunststoffschicht ein faustgroßes Loch zum Vorschein kommt. Hier hat es wohl schon in früheren Zeiten ein Problem gegeben und ich bin froh, dass ich diese Arbeiten nun in Auftrag gegeben habe.

Mein Dingi ist das grösste Problem. Die Schläuche sind dicht, aber die Verbindung zur Heckwand, an der der Außenbordmotor befestigt wird, hat sich einfach vom Rest gelöst. Das war schon in Gizo so und Hermann hatte mit Unterstützung von Douglas versucht es zu kleben. Erfolglos. Nun dürfen Noel und Alister sich damit abquälen, ohne vernünftigen Kleber. Der Kleber, den ich aus Deutschland mitgebracht habe, nennt sich zwar Konstruktionskleber für Schlauchboote, hält aber nicht dauerhaft. Ich glaube, inzwischen gab es mindestens 10 unzufriedenstellende Versuche dieses Teil zu kleben. Das Schlimmste daran ist, dass ich Moment wirklich noch auf dieses Dingi angewiesen bin, weil es meine Verbindung zum Land darstellt. Es gibt hier ja keine Stege, an die man rangehen und mit dem Boot fest machen kann. 
Ein neues Dingi habe ich im vergangenen Jahr noch in China bestellt und es ist entsprechend meinen Farbwünschen für mich gefertigt worden. Das ist schon spannend. Da ohnehin heutzutage alles „Made in China“ ist, habe ich gedacht, ich kann es ebensogut dann auch direkt dort bestellen. Interessanter Weise  sieht es genauso aus, wie ein Schlauchboot in der Ausstellung bei AWN (ship chandler) in Kiel und es kostet – allerdings inclusive Versand – fast genauso viel.  Doch mein neues Dingi wartet noch – mittlerweile in Neuseeland angekommen – auf den Weitertransport nach Honiara. 
Also bin ich weiterhin guter Hoffnung, das alte Dingi wieder hinzubekommen. Und die Hoffnung stirbt bekanntlich ja zuletzt. 

Made in China – das bestellte neue Dingi


Natürlich gibt es noch einige andere Dinge, die zu erledigen sind oder die noch in Planung sind. Aber es ist ja immer etwas.
Ich bin auf jeden Fall sehr zufrieden, wie es hier bei Noel gehandhabt wird und kann das nur empfehlen. Das Material habe ich weitestgehend selbst mitgebracht. Die reine beauftragte  Arbeit kostet preislich höchstens ein Drittel (oder noch weniger), als ich für den gleichen Aufwand in Neuseeland hätte zahlen müssen. Wahrscheinlich noch weniger als das, wenn ich es mit recht überlege. Ich muss also die Amiga nicht verkaufen, um das alles zu bezahlen.

Es ist Regenzeit.  Also regnet es. Jeden Tag. Fast. Heftige Windböen treiben die grauen Regenwolken aus westlichen Richtungen über die geschützte Lagune. Ich möchte in solchen Momenten nicht wissen, wie es draussen auf dem offenen Meer aussieht. Mehr Wasser von oben als unten. Doch es ist eben auch warm, was es trotz allem angenehm macht. Weniger angenehm ist die Feuchtigkeit, die durch das Boot zu kriechen scheint. Holzflächen fangen an schimmeln, obwohl ich jeden Tag gut durchlüfte. Schon bei meiner Ankunft hatte ich gesehen, dass das Holz von der Feuchtigkeit dunkler geworden war, auch wenn es ansonsten nicht muffig roch und trocken im Boot war. Allerdings ist es dann auch nicht besonders hilfreich, wenn ich immer wieder vergesse die Fenster und Luken, die ich zum Lüften geöffnet habe, bei Regenbeginn wieder zu schließen. Und wenn ich nachts träume, dass ein Hund an meinen Füssen leckt oder  ich knöcheltief im Wasser stehe, liegt es nicht an den Malaria-Prophylaxe-Tabletten, sondern daran, dass ich zum Schlafen das Fenster meiner Kanine geöffnet habe und es nun hereinregnet. 


Die Nebenwirkungen der M Tabletten machen sich bei mir durch intensive lebhafte Träume bemerkbar. Weitere mögliche Nebenwirkungen, versuche ich durch die Einnahme von zusätzlichen Vitaminen abzumildern. Alles immer noch besser, als Malaria zu bekommen.

Da ich nun in Honiara keine Zeit hatte meine SIM Karte für das Internet aufzuladen und auch kein Bargeld besorgen konnte, plane ich einen Ausflug nach Gizo. Jeden Donnerstag fährt Noel mit seinem Motorboot die etwa 12 nm nach Gizo hinüber. Dort werden von ihm dann seine Bankgeschäfte erledigt, Lebensmittel und sonstiger Bedarf für die Insel eingekauft und mittags trifft er sich mit seinen Freunden. Gegen einen kleinen Kostenbeitrag kann man sich ihm bei diesen regelmässigen Fahrten anschließen. 
Das mit dem Internet konnte ich zwischenzeitlich erledigen, da  Tschong, einer der Mitarbeiter hier, auch Agent für die Telecom ist. Funktionieren tut es deshalb allerdings noch lange nicht und wenn, dann nur mit viel Geduld. 
Doch ich möchte noch einiges andere besorgen und benötige, wie gesagt, Bargeld.

Am Donnerstag Morgen regnet es in Strömen. Grund mir den Wetterbericht anzuschauen und auch gleich den Forecast für die kommende Woche und für den folgenden Donnerstag. Es sieht nicht gerade berauschend aus und ich bin ernsthaft im Zweifel, ob ich die Fahrt mit dem kleinen Boot machen möchte, dass nicht einmal eine Kabine hat.
Als ich rausschaue und Noel in Regenhose über das Gelände gehen sehe, laufe ich ihm nach und frage ihn, ob er bei dem Wetter denn überhaupt fahren wird. Natürlich. Er muss. Die Leute wollen ihre Lohngelder. Daran führt für ihn kein Weg vorbei. Ich überlege noch einen Augenblick und ringe mich dann durch, trotz des Wetters, auch mitzufahren. 



Als ich zwanzig Minuten später zum Steg komme, ich musste erst einmal meine Regensachen wiederfinden, sehe ich, dass ich nicht die einzige Begleitung auf dieser Fahrt sein werde. Auch Lea von der Escape und Bill mit seinem Sohn Martin sind dabei. Und eigentlich will Noel schon losfahren, als dann doch Levan auftaucht, der für gewöhnlich das Boot steuert. Aus irgendeinem Grund beruhigt es mich, dass er noch aufgetaucht ist. 
Die Fahrt nach Gizo ist viel ruhiger und weniger nass, als ich es nach diesem Morgen erwartet hätte. Sicher steuert Noel das Boot bis Gizo und lässt uns am Fuel-Dock aussteigen. Er sagt uns, wo wir ihn später wiedersehen und wo dann das Boot festgemacht sein wird. Wir verabreden, dass wir uns später alle zum Lunch bei PT treffen und unsere Einkäufe im Yamaha Shop machen bzw. dort abgeben. Levan wird dann alles für uns an Bord bringen und dort für die Rückfahrt verstauen. Sehr angenehm.

Mit Lea mache ich mich dann auf zum Einkaufsbummel. Sie zeigt mir auch, wo das Restaurant PT ist, das ich bisher noch nicht kannte. Der Yamaha Shop ist heute wegen Inventur geschlossen. Na prima. Also die Einkäufe doch selbst zum Boot schleppen? 
Ich trenne mich erst einmal von Lea, denn als erstes muss ich zur ANZ Bank und Bargeld besorgen. Ich habe zwar noch etwas aus dem letzten Jahr, doch das wird bei weitem nicht ausreichen. Auf dem Weg dorthin schaue ich schon einmal, wo ich Butter, Milch und Saft bekomme. Es ist ja nicht immer alles ausreichend oder überhaupt in den Geschäften vorhanden. 
Der Geldautomat gibt mir keine Option auf Auszahlung, sondern nur auf Kontoabfrage. Was soll denn das werden? Mein Kopfkino fängt an zu laufen. Solomon Islands, fernab von meinem deutschen Bankkonto, und kein Bargeld zu bekommen?  Das hatte ich doch bisher nur bei der anderen hier ansässigen Bank, der BSB?! Ganz ruhig. Ich gehe erst einmal in die Bank an den Schalter. Ach so. Der Automat ist leer und wurde noch nicht wieder aufgefüllt. Vielleicht mittags um 12.00h, falls sie genügend Geld dafür haben. Versprechen könne sie nichts, sagt mir die freundliche Mitarbeiterin. Na super. Und jetzt? Es ist ungefähr 10.00 h . Warten und vielleicht dann doch nichts bekommen? Und der Lunch? Dazu treffen wir uns ja am anderen Ende von Gizo. Ach, das ist doch alles ziemlich unglücklich. 
Im Telecom-Laden kann ich keine zweite geladene SIM Karte bekommen, weil gerade das Kreditkartenlesegerät defekt ist. Und in den Geschäften hat man gar nicht erst die Möglichkeit mit Kreditkarte zu bezahlen. Na toll. 
Ich gehe noch einmal bei der ANZ an den Schalter und frage nach, ob und welche Währungen sie eintauschen würden. Nur Australische Dollar, ist die Antwort, nachdem sie bei ihrem Chef nachgefragt hat. Ok. Die habe ich nicht. Das hilft mir jetzt auch nicht weiter. 
Nun beschliesse ich es doch noch einmal bei der anderen Bank zu versuchen, mache mir jedoch aufgrund der Erfahrungen im vergangenen Jahr nur wenig Hoffnungen. Damals konnte man mir nicht erklären, warum für fremde Kreditkarten keine Bargeldauszahlung am Automaten möglich war. Es war der Frau völlig unverständlich. 
Doch kein Bargeld ist nun einmal ein leeres Portemonnaie und heisst nicht einkaufen zu können. Meine Stimmung ist definitiv auf dem Weg Richtung Keller, allein schon, weil ich wahrscheinlich in der nächsten Woche noch einmal herkommen muss und ich heute quasi nichts erreiche. 
Auf meinem Weg begegne ich Noel. Der Yamaha Laden macht extra für uns auf und falls ich nun bei der anderen Bank kein Geld bekomme, macht er seinen Einfluss als Kunde bei ANZ wirksam und wird mich unterstützen. Schon besser. Und dann stehe ich vor dem anderem Geldautomaten und siehe da – es funktioniert. Mein Herz macht einen kleinen Hüpfer und ich stürze mich nun beruhigt direkt ins Geld-ausgeben in den verschiedenen Geschäften. Mehr oder weniger bekomme ich alles, was auf meiner Liste steht und bin eine halbe Stunde vor der verabredeten Zeit zusammen mit Lea bei PT.

Essen und Getränke zum Lunch sind brauchbar. Also nichts für einen Gourmet, aber auch nicht ganz schlecht. Es ist recht nett hier und es kommen auch noch andere Leute dazu. Auch der Freund von Noel, den ich ja bereits im Flieger gesehen und gesprochen hatte. 
Eigentlich wollten wir um 2.00h nachmittags nach Liapari zurückfahren. Wegen dem Wetter wäre ich ja lieber etwas früher gefahren, wohl wissend dass es am Nachmittag nicht unbedingt besser werden soll und sich dort draussen auf Meer schnell hohe Wind-Wellen aufbauen. Aber diese Gedanken behalte ich für mich. Schließlich fahre ich ja nur mit. 
Tatsächlich verzögert sich unsere Abfahrt dann um eine Dreiviertelstunde, weil man noch erst eine Regenwolke abwarten will. Unsere Einkäufe sind schon alle im Bug des Bootes unter einer Plane verstaut.
Es regnet zunächst nur leicht, als wir dann endlich losfahren. 

Ich habe meine Regensachen wieder angezogen, bevor ich an Bord gegangen bin. Die grauen Wolken im Westen verheissen nichts Gutes. Die erste Strecke ist durch die Lagune noch gut geschützt, aber es wird zunehmend windiger und regnet mittlerweile in Strömen. Die Sicht ist mehr als schlecht. Nach gefühlten 15 Minuten kommen wir in bewegtes Wasser, den Wind genau von vorn. Die immer höher werdenden Wellen folgen so kurz aufeinander, das wir jede zweite Welle über bekommen. Binnen kurzem läuft mir bei jeder Meerwasserdusche das Wasser am Kragen unter die Regensachen und ich bin durchnässt. Noel kann wegen seiner Brille, die er gar nicht so schnell abwischen kann, wie sie wieder nass wird, überhaupt nichts mehr sehen und übergibt Levan das Steuer. Und der ist sichtlich irritiert. Wir sind noch zwischen den Riffen vor den kleinen Inseln und bevor es auf das offene Meer hinaus geht. Doch Levan sucht wohl nach den Landmarken, die im Regen einfach verschwunden sind. Er verliert immer wieder die Richtung, wie leicht auf dem mitlaufenden Plotter am Armaturenbrett zu erkennen ist. 
Ich bin jetzt seit fünf Jahren unterwegs, doch es ist das erste Mal, dass ich denke, ich brauche jetzt eine Schwimmweste. Jeden Moment erwarte ich, dass wir von einer Welle querschlagen und kentern und das es wohl das sicherste wäre, umzukehren. Ich sehe das Levan völlig die Orientierung verloren hat und wir dabei sind eine 180° Drehung zu machen. Offenbar ist er nicht in der Lage auf den Plotter zu schauen und danach seinen Kurs auszurichten. Sein Blick sucht immer wieder, schon fast verzweifelt,  nach den gewohnten Landmarken.  Da Lea und ich direkt neben ihm und vor dem Plotter sitzen übernehmen wir jetzt einfach das Kommando. Wir sagen ihm, wie er steuern soll und halten ihn, und damit das Boot, so auf Kurs.  Langsam entspannt  sich die Situation etwas. Wir bekommen nicht mehr jede zweite Welle über, sondern nur noch jede dritte. Gefühlt. Irgendwann kommt dann Liapari in Sicht und wir kommen in den Schutz der Insel. Die Wellen werden etwas kleiner und sind schliesslich kaum noch der Rede wert. Das Boot erhöht wieder seine Geschwindigkeit und im nu fahren wir in die geschützte Lagune ein. Ich bin völlig durchnässt und vor Kälte klappern mir schon fast die Zähne. Wenig später machen wir am Steg fest, wo wir schon von den Inselbewohnern erwartet werden. Geschafft.

Schnell werden die durchnässten Einkäufe ausgeladen, denn da hat auch die Plane kaum etwas geholfen. Der kleine Martin, der vorn im Bug gesessen hat, hat wohl am meisten Wasser abbekommen. Tapfer hat er durchgehalten und auch jetzt beschwert er sich nicht und ist fröhlich wie immer. Unter de Aufsicht seiner Mutter geht er erst einmal schwimmen, um sich im warmen Wasser der Lagune wieder aufzuwärmen.  Aufsicht, weil man ja nie weiss, ob nicht irgendwo ein Krokodil auf Beutezug aus ist. 
Ich entledige mich ebenfalls meiner nassen Sachen an Bord der Amiga und wärme mich statt eines Bades mit einer heissen Tasse Brühe auf. Hilft auch.


Wir reden noch ein paar Tage von dieser Fahrt, die Noel im Nachhinein als die Schlimmste bezeichnet, die er in mehr als 20 Jahren erlebt hat. Auch er hat zwischendurch an Umkehr und Übernachtung im Gizo Hotel gedacht. Doch letztendlich hätten wir dann dort auch noch länger bleiben müssen, weil sich das Wetter noch weiter verschlechtert. An den folgenden Tagen ist eine Fahrt nach Gizo und zurück mit dem kleinen Motorboot gänzlich unmöglich.

Ich habe mich in Gizo gut versorgt und brauche die nächsten Wochen nicht mehr dorthin zurück. Alle paar Tage klopft es an meinem Boot und wenn ich hinausschaue, dann ist es Pauline in ihrem Kanu, die frisches Obst und Gemüse aus ihrem Garten anbietet. Es kostet, was ich ihr geben möchte. Ohne das um den Preis gehandelt wird wird,  strahlt sie mich immer glücklich an und ist zufrieden mit dem, was sie von mir bekommt. Auch die Wäsche übernimmt sie gerne oder freut sich, wenn man sie bei Reinigungsarbeiten zur Hilfe bittet.  Sie kommt auch im strömenden Regen und ist immer freundlich und gut gelaunt. Es ist wirklich leicht, sie zu mögen,  und ich freue mich immer, wenn sie auftaucht.

Ein weiteres Boot kommt in die Bucht und ankert vor dem Strand. Das Paar ist nach eigenen Erzählungen immer noch sichtlich genervt von der Fahrt von Australien zu den Solomonen. So einen Tripp möchten sie nicht noch einmal erleben. Insgeheim wundert es mich ja, dass sie überhaupt in dieser Jahreszeit losgefahren sind. Sie hatten einen Wetterberater engagiert, wie es ja viele für die längeren Überfahrten, auch beispielsweise von und nach Neuseeland, machen. Er hatte ihnen ein gutes Wetterfenster prophezeit und sie auf den Weg geschickt. Unterwegs hatten sie dann 5 Tage lang mit 40 bis 50 Knoten Wind zu kämpfen. Der reinste Horror. Entsprechend sauer sind sie auch immer noch auf diesen Wetterberater.
Meiner Meinung nach sind diese Berater zudem nicht gerade günstig, geschweige denn wirklich erforderlich. Abgesehen davon, dass das Kompetenz-Zentrum Hamburg mich noch nie in ein solches Wetter geschickt hat. 
Es ist doch so, dass ich letztendlich ganz allein dafür verantwortlich bin, wann ich und in welchem Wetter ich losfahre. Das heisst doch auch, dass ich mich mit dem Thema selbst auseinandersetzen muss. Ein Wetterberater kann doch immer nur das sein: ein Berater. Für die langen Strecken beginne ich mindestens zwei Wochen vorher schon die Gesamtwetterlage und Entwicklung zu beobachten und mache davon den Abreisetermin abhängig. Natürlich kann es dann trotzdem mehr Wind geben, als erwartet. Oder auch weniger. Doch die Verantwortung liegt nie bei dem Berater, sondern sie liegt bei mir.

Aus irgendeinem Grund gehen die beiden ein paar Tage später Anker auf und fahren hier durch die Lagune, um irgendetwas zu klären,  und dann an ihren Ankerplatz zurückzukehren. Dabei erwischen sie den einzigen Stein, der einem hier beim Ankern gefährlich werden kann. Das hätte natürlich auch woanders und jedem passieren können. Sie sind auf jeden Fall froh, dass es ihnen hier passiert ist. Denn gleich am nächsten Morgen wird das Boot aus dem Wasser geholt. So können sie den Schaden begutachten und beheben. Was sie selbst nicht an Reparaturmaterial dabei haben, um das abgebrochene Teil vom Ruderblatt wieder zu ergänzen, kann Noel dazusteuern. Man darf dabei nicht vergessen, wie schwierig die Beschaffungssituation hier ist. Auch Noel muss immer sehr weit voraus denken und planen und dann lange im voraus bestellen, wenn er für die kleine Bootswerft etwas benötigt. Gut ist es, wenn man dann selbst für eventuelle Reparaturen ausgestattet ist. 




Interessant finde ich die Gespräche, wenn wir uns am BBQ Platz treffen. Nicht immer geht es um Probleme, die wir alle immer wieder und immer mal anders mit den Booten zu bewältigen haben, um Reparaturen oder Ersatzteile oder um Beschaffung.
Oft werden auch Eindrücke ausgetauscht, über Erlebnisse und Erfahrungen gesprochen oder von besuchten Orten und Begegnungen. Ich bin dann oft erstaunt, wie sehr sich die Sichtweisen ähneln. Besonders dann, wenn es darum geht, dass ich denke, dass die Menschen hier, mit dem wenigen, dass sie besitzen und den teilweisen sehr primitiven Lebensumständen, doch sehr viel glücklicher sind, als die Menschen in der westlichen Welt. Besonders weil sie keinen Terminen hinterherhetzen, nicht gezwungen sind, all den „Must-Have“s gerecht zu werden, keine teure Mieten/ Eigentümer finanzieren und nicht einen gesellschaftlichen Lebensstandard erarbeiten müssen, der eigentlich mehr einengt als glücklich macht. Nicht, dass ich nicht jedesmal, wenn ich wieder in Deutschland bin, nach einer gewissen Zeit merke, wie ich auch wieder auf diesen Zug der westlichen Lebensweise aufspringe und mich dem nicht entziehen kann. 


Mein erstes Krokodil, dass ich hier in den Sololmons zu sehen bekomme, lebt nicht mehr. Es ist aber deswegen nicht weniger beeindruckend. Da eines dieser gefährlichen Tiere sich schon mehrfach dem Marina Strand genähert hat, hat Noel beschlossen, für mehr Sicherheit zu sorgen und einen Krokodil-Jäger  beauftragt. Das erste erlegte Krokodil ist fast zwei Meter lang. Als ich zufällig dazukomme, ist es schon gehäutet. Der Kopf soll später einmal im Restaurant als Deko dienen. Das Restaurant muss übrigens noch erst gebaut werden. Bisher gibt es nur eine Stahlkonstruktion, die vor dem Steg an Land liegt. Die Krokodilhaut wird zum trocknen auf ein Brett gespannt und kräftig eingesalzen. Bei Gelegenheit muss ich noch einmal fragen, was sie damit machen werden. Handtaschen? Schuhe? 
Das Fleisch hat  Noel direkt portioniert und eingefroren. Ich bin bei dieser Aussage eher etwas irritiert, habe ich doch sehr unterschiedliche Meinungen darüber vernommen, ob das Fleisch genießbar ist.
Ich brauche mir darüber allerdings gar nicht lange Gedanken machen. Am Sonntag gibt es Krokodil–Pizza. Und auch pur gibt es das Fleisch zu kosten. Noel erklärt uns, dass es am Besten schmeckt, wenn man es leicht mit Zitrone beträufelt. Bei der Pizza hatte ich mich noch nicht getraut, aber pur probiere ich es nun doch. Und es schmeckt wirklich gar nicht so schlecht. Wie eine Mischung aus Hähnchen und Fisch, möchte ich meinen. Die anderen äußern,  es schmeckt eher wie Langusten. Also auf jeden Fall genießbar. 


Es bleibt nicht bei dem einem Krokodil. In der Woche drauf werden zwei weitere Tiere erlegt. Ein kleines und eins, dass noch grösser ist, als das erste. Es soll nachts um mein Boot herum geschwommen sein. Na, das halte ich eher für einen Witz, weil ich doch so nah an Land liege und zwischen den anderen Booten. Trotzdem begeistert der Gedanke mich nicht gerade. 
Das Abhäuten des grossen Tieres wird zum Event und Fotoshooting. Es dauert fast den ganzen Vormittag bis alles erledigt ist. 
Noel braucht sich jetzt weniger Sorgen um seinen Hund zu machen, der gerne im seichten Wasser Fische fängt und damit zur Lieblingsbeute der Krokodile gehört. 
Bis die nächsten Krokodile hier in der Lagune auftauchen. 

Mir geht es gut. Ich bin glücklich wieder an Bord zu sein und in diese Lebensweise „Langzeitsegeln und Cruisen“ einzutauchen. Meine Weihnachts-Kilos schwinden etwas und fangen an sich „dünne“ zu machen. Auch meine Bewegungen haben sich wieder mit dem Boot zusammengefunden und meine Füsse kennen jetzt wieder ihren Weg. Und wer ist schon ohne spezielle regelmässige Gymnastik oder Yoga so fit, dass er an Deck sitzend mit ausgestreckten Beinen locker den Kopf in Kniehöhe auf den Boden legen kann?

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