Am Dienstag, den 18.02.25, gibt es einige Unruhe bezüglich der Organisation einer Müllsammlung. Eigentlich sollte dieser Termin schon eine Woche zuvor stattfinden. Er fiel dann jedoch kurzfristig aus, als ich am Montag Abend feststellen musste, dass die Leiterin der Tehila Primary School gar nicht in Noro war, sondern in Honiara. Niemand war wirklich vorbereitet und keiner wusste, was eigentlich Sache war.
Nachdem ich dann erst einmal innerlich die Augen verdreht habe (das geht), gedanklich alle Teilnehmer mal wieder geschüttelt habe (das geht auch), habe ich den Termin zwecks Rettung vor einem völligen Desaster, dann lieber eine Woche verschoben. So war sichergestellt, das Maggie bis dahin zurück ist. Was macht schon eine Woche später aus? Nichts, vermutlich.
Also war gestern der große Tag mit einem neuen Anlauf, der dann trotzdem erst einmal holprig war. „Heute?“ fragt Maggie, als ich sie vorsichtshalber morgens noch einmal anrufe.
Da sie ans Telefon gegangen ist, ist sie auch in Noro und bin ich bei ihrer Frage relativ entspannt. „Ja, heute“ antworte ich deshalb nur. Ich merke, dass ich sie trotz vereinbarten und zugesagtem Termin „kalt erwischt“ habe. Doch an Spontanität sind Solomonen kaum zu überbieten. Ich frage nach der Uhrzeit. Nach kurzem Überlegen schlägt sie 10.30 Uhr vor, statt wie geplant 9.00 Uhr. Auch gut, denke ich und setze noch einmal den Teekessel auf.
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Gut zehn Minuten später ruft Maggie mich noch einmal an, und fragt, ob wir es jetzt sofort machen können. Sie müssten die Kindergarten-Kinder und die Schüler der ersten drei Klassen nach Hause schicken, weil ihnen das Trinkwasser ausgegangen ist. Die Schüler der vierten bis sechsten Klasse wären deshalb jetzt bereit zum Sammeln. Ob ich bitte auch Wasser für die Kinder zur Verfügung stellen könnte, macht sie noch eine Einschränkung. Ich stutze, stimme aber zu.
Wir vereinbaren, dass ich in einer halben Stunde mit den Müllsäcken für Sammlung in der Schule bin. Also nun doch um 9.00 Uhr. (Lach) 😂
Nachdem das alles soweit geklärt ist, packe ich meine Sachen und mache mich auf den Weg. Dabei überlege ich die ganze Zeit, warum die Schule wohl nicht genügend Trinkwasser hat. Das die Schule ausfällt, weil es regnet und die Kinder deswegen lieber Zuhause bleiben, dass ist ja nichts Neues. Aber kein Unterricht, weil nicht genügend Trinkwasser vorhanden ist und die Tanks leer sind? Das ist neu. Ich meine, wir sind hier ja nicht irgendwo, sondern in Noro, wo es einen Wasseranschluss gibt und man an das Wasserwerk Solomon Waters angeschlossen sein kann und somit unabhängig vom Fluss- oder Regenwasser.
Des Rätsels Lösung ist dann eine unbezahlte Wasser-Rechnung vom Vorjahr in Höhe von 2.000 SBD. Doch ich sehe keinen Anlass, trotz erwartungsvoller Augen, hierauf zu reagieren. Das Schuljahr hat gerade begonnen. Zwar habe ich keine Ahnung, wofür das Schul-Geld verwendet wird, sicherlich haben auch noch nicht alle Eltern das Schulgeld bezahlt, aber bei 500 Kindern á 500 SBD muss doch wohl das Wassergeld eingeplant sein?
Mit diesen Gedanken beschließe ich einfach, dass ist heute nicht mein Problem.
Heute geht es darum Müll am Strassenrand zu sammeln. Pro vollem Müllsack gibt es eine Spende von 10 SBD für das neue Schulgebäude. Die Stadt Noro freut sich und organisiert die Abfuhr und die Schule kommt ihrem Ziel „ mehr Klassenräume“ ein kleines Stück näher.
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Das Mitgefühl, dass ich ich dann direkt aufbringe, gilt den Lehrern beim Verteilen der Müllsäcke. Als auf meinem Boot lebende Seglerin bin ich einen solchen Lärmpegel nicht mehr gewohnt. Da wundert es mich nicht, als Maggie dann irgendwann sagt, dass abends ihre Stimmbänder nicht mehr mitmachen. Trotz der Lautstärke geht es aber alles sehr geordnet von statten. Ich komme aus dem Staunen und auch Schmunzeln gar nicht heraus.
Zum ersten Mal sehe ich auch die Mütter, die jeden Morgen Obst, Gebäck und so weiter an die Kinder verkaufen. Vor allem hoffentlich an die Kinder, die zu Hause kein Frühstück bekommen haben. Ich hoffe, dass besonders diese Kinder sich hier dann ein Pausenbrot kaufen können, soweit sie wenigstens ein paar Münzen dabei haben. Bei einigen Kindern scheint das finanzielle kein Problem zu sein, denn ich sehe ganze Schülergruppen in den Pausen die China-Läden stürmen, wenn ich einkaufen gehe.
Auf los, geht es los. Schnell leert sich die Aula und alle machen sich auf zum Startpunkt unserer heutigen Sammlung bei „Dickson“ an der Hauptstrasse. Dort kaufe ich dann zunächst die Flaschen mit Wasser, wie vereinbart, damit die Kinder unterwegs nicht verdursten. Die Kids werden in zwei Gruppen aufgeteilt: Links und Rechts (der Strasse).
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Es geht in Richtung Port Noro Marina Baustelle. Reiner Eigennutz von mir, denn dass ist die Strecke, die ich immer in die Stadt gehe. Auch der Town-Clerk wohnt an dieser Strasse. Das sammelt zusätzliche Pluspunkte, denn der freut sich auch, wenn kein Müll mehr vor seinem Haus herumliegt.
Für mich fühlt es sich an, als würde ich hinter einem Ameisenvolk oder einem Heuschreckenschwarm hinterherlaufen, nur das in diesem Fall einfach der Müll wie von Zauberhand verschwindet. In rund einer Dreiviertelstunde sind alle am Ziel angekommen, 80 Müllsäcke gefüllt und jeweils am Strassenrand deponiert. Das ich begeistert bin von den Schülern, ihrem Enthusiasmus, ihrer Energie und dem jetzt entmüllten Strassenrand, brauche ich wohl nicht besonders zu betonen.
Da die meisten Einwohner immer noch ihren Müll dort fallen lassen, wo sie stehen und gehen oder einfach aus dem fahrenden Auto werfen, wird es wohl nicht die letzte Aktion der Tehila Primary kids gewesen sein.
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hier auf YouTube habe ich eine kleine Sequenz von dieser Aktion zum Miterleben eingestellt.